Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Demonstranten fordern ökologischere Landwirtschaft
Grüne Woche Zehntausende Menschen protestierten im Rahmen der Agrarmesse zum Beispiel für bessere Tierhaltung. Auch Vertreter von 69 Staaten haben dieses Ziel – und sogar Ideen, wie es sich erreichen lässt
Berlin Mehrere tausend Menschen haben parallel zur Agrarmesse Grüne Woche in Berlin für eine Wende zu mehr Tier- und Umweltschutz in der Landwirtschaft demonstriert. Unter dem Motto „Wir haben es satt“zogen am Samstag nach Veranstalterangaben mehr als 30 000 Teilnehmer durch das Regierungsviertel. Begleitet von Traktoren – auch aus der Region – forderten sie von der Bundesregierung ein Verbot von Glyphosat und Kennzeichnungspflichten für Lebensmittel. Zur gleichen Zeit bekannten sich bei einer Agrarministerkonferenz in Berlin Vertreter von 69 Staaten zu einer besseren Tierhaltung.
Auf Transparenten bei der Demonstration stand: „Kein Schwein braucht Tierfabriken“, „Wir haben’s glyphosatt“oder „Ein Herz für Rinder“. Der Zug führte auch am Bundeswirtschaftsministerium entlang, in dem die Minister tagten. „Die industrielle Land- und Ernährungswirtschaft verursacht lokal und global Probleme für Bauern, Klima, Tiere und Umwelt“, sagte Jochen Fritz, Sprecher der 100 Organisationen, die zur Demo aufgerufen hatten. Zu den Unterstützern gehörten „Brot für die Welt“, der Tierschutzbund sowie die Umweltverbände NABU und BUND.
Das Demonstrationsbündnis forderte mehr Tempo beim Umbau zu einer ökologischeren Landwirtschaft. Dafür braucht es aus ihrer Sicht: mehr Geld für bessere Ställe, eine Pflicht-kennzeichnung von Fleisch, die die Haltungsform angibt, und ein Verbot von Antibiotika, die für Menschen besonders wichtig sind, in der Tiermast. Grünen-fraktionschef Anton Hofreiter sagte: „Es gibt gute Gründe, die Dinge zu verändern: Artensterben, Grundwasserverschmutzung und Billigexporte nach Afrika.“
Währenddessen unterstrich die internationale Agrarministerkonferenz das Ziel, höhere Standards bei der Tierhaltung zu schaffen, die stärker zum Klimaschutz beitragen. Für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung müsse die Produktion ausgebaut werden, sagte Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) als Gastgeber. In der globalisierten Welt dürften das Tierwohl und Folgen für Umwelt und Klima dabei aber nicht vernachlässigt werden. Die Abschlusserklärung nennt als Instrumente unter anderem verstärkte Forschung und den Erhalt von Weideflächen.
Der Generaldirektor der Welternährungsorganisation (FAO), José Graziano da Silva, verwies zum Beispiel auf Grassorten, die längere Dürren überstehen könnten. Wälder zu zerstören, um zusätzliche Weiden zu schaffen, müsse vermieden werden. Für Kleinbauern sei der zunehmende Konsum tierischer Erzeugnisse „eine große Chance“. Ziel müsse eine global „ausgeglichenere Ernährung“sein, sagte er mit Blick auf Länder mit extrem hohem und sehr niedrigem Fleischkonsum.
Schmidt betonte, Standards für den Handel sollten dazu beitragen, „dass der Wettbewerb nicht über den Preis brutal stattfindet“. Die Minister erläutern in der Abschlusserklärung, dass die Tierhaltung weltweit die Existenzgrundlage für 1,3 Milliarden oft arme und besonders gefährdete Menschen sichere.
Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, appellierte an die Deutschen, weniger Fleisch zu essen. „Wer Fleisch reduziert oder sogar ganz von seinem Speiseplan streicht, praktiziert nicht nur aktiven Tierschutz, sondern verringert seinen ökologischen Fußabdruck erheblich“, sagte er.