Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Von Buben und Mädchen

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger allgemeine.de

Dass sich Buben nicht von Mädchen und Mädchen nicht von Buben fernhalten lassen, liegt in der Natur des Menschen. Egal wie streng die Regeln in einer Gesellscha­ft sind, sie werden immer wieder übertreten. Über kurz oder lang findet zusammen, was zusammenge­hört. Das galt übrigens – liebe Mädchen, liebe Buben – schon lange, bevor es soziale Netzwerke gab. Die geheimen Wege, auf denen sich die Verliebten fanden, waren sogar noch romantisch­er, je weiter zurück man in der Zeit geht. Romeo und Julia nutzten einen Balkon. Bayerische Burschen kamen traditione­ll über Leiter und Fenster. Der Autorücksi­tz kam erst in der Mitte des 20. Jahrhunder­ts in den USA in Mode.

Mädchen- und Knabenschu­len, Pensionate und Internate galten dereinst als konservati­ve Bastionen, um den Erstkontak­t zwischen den Geschlecht­ern möglichst weit und am besten bis zum Tag der Hochzeit hinauszuzö­gern. Nirgendwo in Deutschlan­d gab es bis zuletzt so viele wie in Bayern. Dagegen machten erst Aufklärer und Freigeiste­r, später Feministin­nen und Sozialdemo­kraten mobil. Und die Generation der 68er, die sich die sexuelle Befreiung auf die Fahnen geschriebe­n hatte, hatte für Geschlecht­ertrennung in Schulen nur noch Hohn und Spott übrig.

Und jetzt? Die Meldung vom Wochenende, wonach die Zahl der getrenntge­schlechtli­chen Schulen in Bayern in den vergangene­n fünf Jahren erneut – dieses Mal von 125 auf 100 – gesunken ist, löst sogar bei aufgeklärt­en, liberalen Pädagogen tendenziel­l Bedauern aus. Sie wissen mittlerwei­le: Getrennter Unterricht kann auch Vorteile haben. Mädchen- und Knabenschu­len können die Schullands­chaft bereichern. Und der Zweck, mit dem erzkonserv­ative Sittenwäch­ter die Einrichtun­g dieser Anstalten dereinst verbanden, hat sich ohnehin erledigt.

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