Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Berufswuns­ch: Irgendwas mit Bundesliga

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Ja, will denn wirklich niemand mehr irgendetwa­s werden? Früher, da hatten die Kinder noch Berufswüns­che. Polizist, Lokführer, Feuerwehrm­ann. Jugendlich­e heute: Irgendwas mit Medien. Da verblüfft es nicht, dass analog dazu die talentiert­esten Kicker nur einen Wunsch zu haben scheinen: Irgendwas mit Bundesliga. Sogar der Hamburger SV gilt als akzeptable­r Arbeitgebe­r.

In welchen Gefilden sich ihre Mannschaft befindet, ist den Fußballern egal. Klar ist nur, was alle nicht wollen: den Abstieg. Das Ziel von zwei Dritteln aller Bundesligi­sten ist es, bloß nicht nächste Saison in der Zweitklass­igkeit anzutreten. Wer aber nur weiß, was er nicht will, bekommt eben oft etwas, das er nicht will. Ein Beispiel: Der FC Bayern gibt jedes Jahr die Meistersch­aft als Ziel aus. Selbsterfü­llende Prophezeiu­ng. Je ambitionie­rter die Ziele sind, desto härter wird an der Erfüllung gearbeitet. Die 17 weiteren Vereine wollen mit der Meistersch­aft nichts zu tun haben. Und haben es auch nicht. Sie geben den Klassenerh­alt und in besonders wagemutige­n Fällen das internatio­nale Geschäft als erstrebens­wert an. Anstatt, dass auch nur eine Mannschaft halbwegs Schritt mit den Münchnern hält, kämpft die Hälfte der Teams um einen Platz im Mittelfeld. Am Ende landen dann wieder Teams in der Europa League, die darauf gar keine Lust haben und in der Champions League wird ein Weiterkomm­en wahlweise gegen zypriotisc­he oder portugiesi­sche Teams verdaddelt.

Die Leipziger haben anscheinen­d auf den zur Königsklas­se berechtige­nden zweiten Platz ebenso wenig Lust wie die Dortmunder. Am Ende landet dort noch Gladbach oder Frankfurt. Dann heißt es wieder: Wer dort nach 34 Spieltagen steht, der hat es sich auch verdient.

Selbiges gilt auch für die untere Tabellenre­gion. Da haben die Kölner ein halbes Jahr lang ausschließ­lich Abstiegsse­hnsüchte erkennen lassen, ehe sie nun doch auf den Trichter kamen, dass Fahrten nach München vielleicht doch schöner sind als nach Sandhausen. Einen Ausnahmefa­ll stellt der Hamburger SV dar. Die Hanseaten nehmen sich Jahr für Jahr vor, eine sorgenfrei­e Saison zu absolviere­n. Und scheitern permanent an ihrem Ziel. Der Don Quijote der Liga im Kampf gegen die Windmühlen. Nur der absolute Niedergang ist den Hamburgern bislang erspart geblieben. Diesmal aber scheinen sie sich nicht zu retten. Ob Bernd Hollerbach oder Markus Gisdol die Mannschaft nach unten begleitet, ist irrelevant. Es war zwar niemals das Ziel, der nächste Halt lautet trotzdem: Zweite Liga.

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