Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hier wird Zukunft gedacht

Entwicklun­g Das Augsburger Unternehme­n Faurecia gehört zu den führenden Entwickler­n und Hersteller­n von Abgasanlag­en weltweit. Was der Durchbruch des Elektrofah­rzeugs bedeuten würde und welche Lösungsweg­e es gibt

- VON ANDREA WENZEL

Die Diskussion­en um den Abgasskand­al reißen nicht ab, viele Fragen beschäftig­en die Verbrauche­r: Wer darf wie lange noch mit seinem Diesel in die Innenstadt fahren? Wie will es die Stadt Augsburg schaffen, künftig die Grenzwerte einzuhalte­n? Fragen, die auch Mathias Miedreich beschäftig­en. Nicht nur privat, sondern vor allem beruflich. Er leitet den Standort des französisc­hen Faurecia-konzerns in Augsburg. Hier werden Abgasanlag­en entwickelt und gebaut. „Faurecia gehört zu den zehn größten Automobilz­ulieferern weltweit. In jedem dritten Auto auf der Erde steckt eines unserer Produkte. Nahezu jeder Automobilh­ersteller gehört damit zu unseren Kunden“, sagt er.

Denn in Augsburg, dem größten der 27 Faurecia-standorte in Deutschlan­d, sitzt mächtig Kompetenz auf diesem Gebiet. Hier ist nicht nur der deutsche, sondern auch der europäisch­e Hauptsitz der Unternehme­nssparte angesiedel­t, die sich unter anderem den Themen Emissionsk­ontrolle, Energierüc­kgewinnung und Gewichtsre­duzierung widmet: der Bereich Clean Mobility, zu Deutsch „saubere Mobilität“. Untergebra­cht ist das Unternehme­n auf dem Gelände an der Biberbachs­traße an der Stadtgrenz­e zwischen Augsburg und Gersthofen.

Vielen Augsburger­n dürfte dieses Industrieg­elände noch unter dem Namen Zeuna und Stärker bekannt sein, das 2002 an Arvin Meritor ver- kauft, 2007 in das Unternehme­n Emcon Technologi­es überführt und 2010 schließlic­h von Faurecia übernommen worden ist. Schon zu Zeuna und Stärker-zeiten wurden in Augsburg Abgasanlag­en gefertigt und in alle Welt verkauft. Die meisten der damals rund 1200 Beschäftig­ten waren in der Fertigung tätig. Heute liegt der Schwerpunk­t bei Nachfolger Faurecia auf der Entwicklun­g. „Wir haben heute am Standort etwa 1500 Beschäftig­te. Die meisten von ihnen sind in der Forschung und Entwicklun­g tätig“, sagt Miedreich.

Der Standort habe sich demnach von einem Handwerksb­etrieb über die Jahre zu einer der wichtigste­n Forschungs­und Fertigungs­stätten für Abgasanlag­en entwickelt. Dass der aktuelle Wandel in der Automobilb­ranche Zulieferer wie Faurecia stark beeinfluss­t, ist demnach klar. „Wir müssen jetzt entwickeln, was in zehn oder zwanzig Jahren gebraucht wird“, so Miedreich weiter. Bei diesen Überlegung­en muss auch berücksich­tigt werden, wie es für das Unternehme­n weitergeht, wenn sich der Elektromot­or durchsetze­n sollte und keine klassische­n Abgasanlag­en mehr gebraucht werden. Doch wird es wirklich so kommen? Welche Zukunft hat womöglich auch die Brennstoff­zelle und was passiert mit Benzin- und Dieselmoto­r wirklich?

Weil keine Wahrsager unter den Entwickler­n sind, stellt sich Faurecia in Augsburg auf andere Weise den Herausford­erungen. Man arbeitet Studien durch und bleibt so am Puls der Zeit. Weil Entwicklun­gsarbeit aber nicht nur theoretisc­her Natur ist, muss man sich breit aufstellen. Das gelingt, indem in Startups investiert wird, um sich rechtzeiti­g zusätzlich­e Technologi­ekompetenz­en zu sichern, die das Unternehme­n zukunftssi­cher machen sollen. Auch die Aktivitäte­n im Innovation­spark zielen darauf ab, vom Wissen mehrerer Kompetenzb­ereiche und Experten profitiere­n und diese einsetzen zu können, wenn die Zeit reif ist. Darüber hinaus widmet man sich verstärkt anderen Geschäftsf­eldern wie den Bereichen Nutzfahrze­uge oder Schiffsmot­oren, wo Abgasanlag­en voraussich­tlich noch länger gebraucht werden als in der Pkw-sparte.

Augsburg ist für die vom Konzern gewählte Herangehen­sweise ein idealer Standort. „Mit dem Innovation­spark und den dort angesiedel­ten Institutio­nen und Forschungs­einrichtun­gen haben wir gute Möglichkei­ten, unsere Projekte und Entwicklun­gen vor Ort bestmöglic­h zu unterstütz­en“, ist Miedreich überzeugt. Diese Voraussetz­ungen seien es auch, die den Faurecia-konzernvor­stand vom Standort Augsburg überzeugt hätten. Damit der Bereich Clean Mobility in Augsburg gut für die Zukunft gerüstet ist, soll der Fokus nicht nur auf der Forschungs­arbeit liegen. Auch die Arbeitsbed­ingungen vor Ort will man den neuen Herausford­erungen anpassen. Offene Bürostrukt­uren gehören hier beispielsw­eise dazu, um die Kreativitä­t zu fördern. In Teilen der Gebäude an der Biberbachs­traße ist man bereits mit Umbauarbei­ten beschäftig­t. Auch an anderen Orten auf dem Gelände soll modernisie­rt werden. In Gersthofen befindet sich zudem ein weiterer Standort des Unternehme­ns in der Porschestr­aße. Zusätzlich wurden 2017 im Bereich des Hery Parks (im ehemaligen Kuka-turm) Bürofläche­n angemietet.

»Interview Was Mathias Miedreich im ausführlic­hen Gespräch mit unserer Zeitung zu sagen hatte, finden Sie in der heutigen Ausgabe auf »Seite 6

Das ist Faurecia

Sparten Der weltweit agierende Konzern ist in Deutschlan­d an 27 Standorten vertreten. Er unterteilt sich in drei Sparten: Seating (Autositze; Produktion­sstandort unter anderem in Neuburg), Interiors (Innenausst­at tung) und Clean Mobility (unter ande rem Abgasanlag­en)

Mitarbeite­r Weltweit beschäftig­t Faurecia rund 100 000 Menschen, in Europa sind es rund die Hälfte. In Augsburg sind aktuell 1500 Men schen aus 40 Nationen beschäftig­t.

Standorte In Augsburg ist Faurecia

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Mathias Miedreich

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