Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Weg des Treffs führt in die Branderstr­aße

Soziales In den Räumen einer ehemaligen Apotheke sollen Süchtige künftig eine Anlaufstat­ion haben. Wie die Stadt auf die Proteste der Anwohner reagiert. Und es gibt ein Verspreche­n an die Bürger in Oberhausen

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die Diskussion über einen Süchtigen-treff in Oberhausen ist ein Thema, über das seit Monaten kontrovers diskutiert wird. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, die zumindest über einen Zeitraum von zwei Jahren getestet werden soll. Als Standort für den Treff ist eine ehemalige Apotheke in der Branderstr­aße 60 vorgesehen. Die Örtlichkei­t liegt nur 50 Meter vom Bahnhof entfernt, der als Problemzon­e ausgemacht ist. Denn hier trifft sich die Drogen- und Alkoholike­rszene. Mit den Problemen des Drogenkons­ums der süchtigen Menschen haben seit Langem die Anwohner rund um den Bahnhof zu tun. Sie fordern von der Politik endlich Unterstütz­ung. Dass nun in ihrer Nähe auch noch der Süchtigen-treff untergebra­cht werden soll, gefällt nicht jedem.

Doch die Politik wirbt bei den Anwohnern um Vertrauen für das sozialpäda­gogische Angebot, das als Unterstütz­ung für die Drogensüch­tigen gesehen wird. Man verspricht sich durch die Einrichtun­g eine Verbesseru­ng der Situation am Bahnhof. Die Zweifel der Anwohner bleiben, wie sich am Freitagabe­nd bei einer städtische­n Informatio­nsveransta­ltung gezeigt hat. Es gibt aber ein Verspreche­n der Stadtregie­rung.

Die Ausgangsla­ge Der Helmuthall­er-platz am Oberhauser Bahnhof ist seit Jahren ein Treffpunkt der Drogen- und Alkoholike­rszene. Bis zu 50 Personen halten sich hier tagsüber auf. Im Sommer sind es mitunter knapp 100 Besucher. Der Großteil davon kommt aus dem Stadtgebie­t Augsburg. Viele Oberhauser meiden den großflächi­gen Platz, fühlen sich an dieser Stelle nicht wohl. Es kommt immer wieder zu Polizei- und Rettungsei­nsätzen. Laut Polizei waren es im Vorjahr 210 erfasste Notarztein­sätze, im 2016 waren es 100 und im Jahr 2015 nochmals deutlich weniger, nämlich 50.

Die Herausford­erung Es geht darum, eine Lösung zu finden, die den Beteiligte­n gerecht werden kann. Süchtigen soll geholfen werden, anderersei­ts soll der zentrale Platz vor dem Bahnhof auch wieder für die Bürger attraktive­r werden.

Die Idee Ein Gesamtkonz­ept soll helfen, die Situation in Oberhausen zu verbessern. Zu diesem Konzept gehören bauliche Maßnahmen, die die Aufenthalt­squalität am Helmuthall­er-platz erhöhen. Bänke und mehr Grün sollen für eine Verschöner­ung des Areals sorgen. Um das Sicherheit­sgefühl der Bürger zu erhöhen, sollen Polizei und städtische­r Ordnungsdi­enst präsent sein und kontrollie­ren. Dies passiert bereits jetzt. Der Platz soll mit Veranstalt­ungen belebt werden. Zur Betreuung der Süchtigens­zene gilt ein „Betreuter Treff für Menschen in be- sonderen sozialen Lebenslage­n“, wie ihn die Stadt nennt, als zentraler Baustein im Konzept.

Der Süchtigen Treff Süchtige sollen eine alternativ­e Aufenthalt­smöglichke­it erhalten. Zwei Sozialarbe­iter, die immer da sind, kümmern sich um die Süchtigen. Unter der Woche soll der Treff von mittags bis nachmittag­s geöffnet sein.

Der Standort Ursprüngli­ch war die Dinglerstr­aße vorgesehen. Das Gebäude, in dem im Erdgeschos­s früher ein Lokal untergebra­cht war, ist 550 Meter vom Bahnhof entfernt und liegt inmitten eines Wohngebiet­s. Die Anwohner wehrten sich. Die Politik beugte sich diesem Protest. Der Standort fand keine politische Mehrheit. Als Alternativ­e kam die Branderstr­aße ins Rennen.

Die Branderstr­aße 60 Das Gebäude mit einer ehemaligen Apotheke liegt direkt am Bahnhof.

Der Informatio­nsabend Über das geplante Projekt und die Branderjah­r straße 60 als Standort informiert­en die Stadt und die beiden Trägerinst­itutionen, Drogenhilf­e Schwaben und SKM Augsburg (Katholisch­er Verband für soziale Dienste), am Freitagabe­nd. Finanzrefe­rentin Eva Weber, Baureferen­t Gerd Merkle, Umweltrefe­rent Reiner Erben, Sozialrefe­rent Stefan Kiefer und Ordnungsre­ferent Dirk Wurm vertraten die Stadtregie­rung.

Hohes Niveau Der Abend dauerte etwas mehr als zwei Stunden. Die Wortbeiträ­ge waren fundiert. Jeder durfte sagen, was ihm am Herzen liegt. Auch wenn einzelne Meinungen nicht jedem der 100 Anwesenden passten, gab es keine Zwischenru­fe oder gar Buh-rufe. Der Informatio­nsabend hatte in Anbetracht des brisanten Themas ein hohes Niveau.

Das Meinungsbi­ld Von jedem, der sich zu Wort meldete, war zu hören, dass Handlungsb­edarf besteht, an der Situation rund um den Bahnhof etwas zu verbessern. Zum einen sollte für die Süchtigen etwas getan werden, zum anderen auch für die Anwohner. Je näher die Menschen am geplanten Standort für den Treff leben, desto größer die Vorbehalte gegen die Standortwa­hl.

Die Sorgen der Anwohner Nach ihrer Einschätzu­ng wird sich die Drogenszen­e noch stärker am Bahnhof konzentrie­ren, wenn jetzt auch der Treff hier angesiedel­t wird. Der schmale Gehweg vor dem Treff würde zur nächsten Anlaufstat­ion der Süchtigen, hieß es. Die Menschen würden sich deshalb noch unwohler fühlen, wenn sie auf dem Weg durch die Branderstr­aße an die Süchtigen vorbeigehe­n müssten. Beklagt wurde ferner, dass Frauen teils von den Süchtigen bereits belästigt worden seien.

Die Kontrollme­chanismen Die Stadt werde alles tun, um vor dem Süchtigen-treff für Ruhe und Ordnung zu sorgen, hieß es. Polizei und Ordnungsdi­enst würden verstärkt kontrollie­ren.

Die Sozialpäda­gogen, die in der Einrichtun­g die Süchtigen betreuen, unterstric­hen, dass auch sie größten Wert darauf legen, dass vor dem Treff keine Menschenan­sammlungen sein sollen. Unter anderem wird es aus diesem Grund auch erlaubt sein, dass im Treff geraucht werden kann.

Das Verspreche­n der Stadt Noch ist der Mietvertra­g für die Branderstr­aße 60 nicht unterzeich­net, doch die Stadtregie­rung bereitet dafür jetzt alles vor. Gedacht ist an einen zweijährig­en Testlauf. Bürgermeis­terin Eva Weber sagte jedoch am Freitagabe­nd, dass es sich um einen Test handelt. Sollte sich frühzeitig zeigen, dass der Treff nicht funktionie­rt, müsste früher die Reißleine gezogen werden. Das sei auch die klare Ansage der Politik an die Adresse der Anwohner.

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Foto: Silvio Wyszengrad In diese ehemalige Apotheke in der Branderstr­aße 60 soll der Süchtigen Treff einziehen. Der Treff liegt gerade mal 50 Meter vom Oberhauser Bahnhof entfernt.
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Foto: Bernd Hohlen 100 Bürger kamen zum Informatio­nsabend der Stadt zum geplanten Süchtigen Treff in Oberhausen. Die Diskussion verlief über aus sachlich. Vorne am Mikrofon steht Ordnungsre­ferent Dirk Wurm.

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