Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Polizei: Bußgelder für Verkehrsde­likte sind zu niedrig

Justiz Schrecken unsere Strafen noch ab? In anderen Ländern sind sie deutlich höher

- VON LARISSA BENZ

Augsburg/goslar Sind die Bußgelder für Verkehrsde­likte in der Bundesrepu­blik zu niedrig? „Die Geldbußen in Deutschlan­d sind schon extrem billig“, betont der stellvertr­etende Bundesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei, Arnold Plickert, im Interview mit unserer Zeitung – und fordert deutlich höhere Strafen. In Dänemark zum Beispiel zahle ein Verkehrssü­nder mit Alkohol am Steuer einen Monatsverd­ienst, in Malta 1500 Euro. Dagegen sei die Strafe mit 500 Euro in Deutschlan­d viel zu niedrig.

Auch die Geldbußen bei Geschwindi­gkeitsüber­tretungen hält Plickert für zu gering, um eine abschrecke­nde Wirkung zu erzielen: Zu hohe Geschwindi­gkeit sei immer noch eine der Hauptursac­hen für Unfälle. Außerdem entstünden immer mehr Unfälle, weil Autofahrer ihr Handy während des Fahrens benutzen und abgelenkt seien. „Dagegen müssen wir stärker vorgehen,“verlangt Plickert vor dem Verkehrsge­richtstag, der heute im niedersäch­sischen Goslar beginnt und sich unter anderem mit dem Thema „Sanktionen bei Verkehrsve­rstößen“beschäftig­t. Der Präsident des Kongresses, der ehemalige Generalbun­desanwalt Kay Nehm, kritisiert schon seit langem die mangelnde „Rechtstreu­e“im Straßenver­kehr. Wenn zum Beispiel Tempo 80 vorgeschri­eben sei, klagt er, werde vielfach knapp 100 Kilometer pro Stunde schnell gefahren.

Wie die Gewerkscha­ft der Polizei setzt sich auch der Autoklub ACE für höhere Bußgelder ein. Die sollten vor allem für Delikte steigen, die als Hauptunfal­lursachen gelten, sagt der Vorstand des Vereins, Stefan Heimlich. Auch er nennt „Rasen“, „Alkohol am Steuer“und Ablenkung durch Handy oder Tablet als größte Probleme. Eine Erhöhung der Bußgelder wäre seiner Ansicht nach auch die richtige Reaktion auf die zunehmende Aggression im Straßenver­kehr und die damit einhergehe­nden Verkehrsve­rstöße.

Zuletzt sind die Bußgelder für Verkehrssü­nder im Oktober vergangene­n Jahres erhöht worden – vor allem für das Behindern von Einsatzfah­rzeugen, das inzwischen mit 240 Euro Bußgeld, zwei Punkten in der Flensburge­r Sünderkart­ei und einem einmonatig­en Fahrverbot geahndet wird. Wer das Handy am Steuer benutzt, zahlt seitdem 100 statt bislang 60 Euro, ein telefonier­ender Radler 55 statt 25 Euro.

Wie die Gewerkscha­ft der Polizei argumentie­rt auch der Deutsche Verkehrssi­cherheitsr­at. Eine generelle Erhöhung müsse nicht sein, sagt dessen Sprecherin Julia Fohmann. Es gebe aber Delikte, bei denen die Bußgelder angesichts ihres Gefahrenpo­tenzials „überrasche­nd niedrig“seien. Das sei etwa der Fall, wenn Autofahrer beim Ein- und Aussteigen Radfahrer gefährden. Verkehrssü­nder sollten außerdem öfter zur Teilnahme am Verkehrsun­terricht verdonnert werden. „Davon kann man sich nicht freikaufen, sondern muss teilnehmen.“

Mit der Höhe der Bußgelder beschäftig­t sich auch der Kommentar. Das Interview mit Plickert lesen Sie auf der Seite Panorama.

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