Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was Niki Lauda mit seiner alten Liebe vorhat

Luftfahrt Fast 40 Jahren nach der Gründung von Lauda Air geht der Ex-rennfahrer im Fluggeschä­ft wieder an den Start

-

Wien Lauda Air, Flyniki, Niki und jetzt Laudamotio­n: Der Ex-rennfahrer Niki Lauda hat in seinem Leben schon viele Fluggesell­schaften geführt. In einem spannenden Bieterrenn­en um die insolvente, einst von ihm selbst gegründete Fluggesell­schaft Niki hat der Wiener Geschäftsm­ann jetzt starke Konkurrenz aus Großbritan­nien ausgebrems­t. Der Gläubigera­usschuss in Wien hat dem einstigen Niki-gründer am frühen Morgen nach 15 Stunden Beratung einstimmig den Zuschlag für die insolvente Air-berlin-tochter erteilt. Die British-airways-mutter IAG, die zuvor in Deutschlan­d den Zuschlag bekam, geht leer aus. Lauda bereitet jetzt einen schnellen Neustart vor. Ein Überblick.

Was hat Niki Lauda mit der Fluggesell­schaft vor?

Zunächst einmal will der Unternehme­r die Niki unter dem Dach seiner bereits bestehende­n Charter-gesellscha­ft Laudamotio­n möglichst schnell wieder in die Luft bekommen. Zum Start des Sommerflug­plans Ende März und damit pünktlich zu den Osterferie­n will der Unternehme­r zunächst 15 Airbus-maschinen in der Luft haben, die er sich von der Lufthansa holen will. Das kündigte der dreifache Formel1-weltmeiste­r am Dienstag an. Einen möglichst großen Teil der Sitze will er an Reiseveran­stalter verkaufen, insbesonde­re mit dem Partner Thomas Cook sind die Gespräche weit gediehen. Mittelfris­tig scheint aber fraglich, ob sich eine Gesellscha­ft dieser Größe zwischen den Billigries­en Ryanair, Easyjet, Wizz oder der Lufthansa-tochter Eurowings behaupten kann.

Was bedeutet die Übernahme durch Lauda für die Passagiere?

Urlauber dürfen wohl weiterhin auf stabile Preise bei Pauschal-flugreisen hoffen, Geschäfts- und Städtereis­ende aber könnten enttäuscht werden, vermutet Klaus Müller vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen. Das hängt mit der Ausrichtun­g Laudas auf touristisc­he Ziele zusammen. Die als Bieter abgehängte Iag-tochter Vueling wie auch Ryanair wären wesentlich stärker in den europäisch­en Punkt-zupunkt-verkehr eingestieg­en und hätten dort für mehr Konkurrenz und sinkende Preise gesorgt.

Kann IAG den Deal mit Lauda noch verhindern?

Juristisch­e Ansatzpunk­te im komplizier­ten Insolvenzr­echt gibt es nach dem doppelten Verfahren in zwei Eu-staaten sicherlich. Auch steht noch die Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofes zum Neustart des Insolvenzv­erfahrens in Österreich aus. In einer ersten Reaktion hat sich die British-airways-mutter aber eher resigniert gezeigt und bedauert, dass Niki „nicht in der Lage sein wird, sich als Teil der Gruppe zu entwickeln und zu wachsen“. Wahrschein­lich spielt der Faktor Zeit eine Rolle, da die seit Dezember ruhenden Start- und Landerecht­e der Niki als einziger nennenswer­ter Vermögensg­egenstand nicht ewig freigehalt­en werden können. Die österreich­ischen Behörden neigen zudem der Lauda-lösung zu.

Wie viel hat Lauda bezahlt und wer erhält das Geld?

Über die genaue Summe haben die Beteiligte­n Stillschwe­igen vereinbart. Nach Informatio­nen der Zeitung hat Lauda die alte Vueling-offerte eines Kaufpreise­s von 36,5 Millionen Euro zumindest überboten und in einem dramatisch­en Bieterverf­ahren noch in der Nacht nachgebess­ert. Auch wenn Laudas Privatverm­ögen auf mehr als 200 Millionen Euro geschätzt wird, bestehen auf Seite der Arbeitnehm­er Zweifel, ob er die Übernahme tatsächlic­h alleine bewältigen will. Das Geld geht an die Niki-gläubiger im deutschen und österreich­ischen Verfahren.

Wie reagieren die Arbeitnehm­er auf die Rückkehr ihres einstigen Chefs?

Reserviert, denn die Beschäftig­ten hatten einen anderen Favoriten: Das war Vueling und nicht Lauda. Für die ursprüngli­che Lösung wurden sogar Unterschri­ften gesammelt. Lauda hat aus seiner Zeit als Nikichef den Ruf eines Arbeitgebe­rs, der nicht viel Rücksicht nimmt. „Bei mir mussten Flugbeglei­ter nie Toiletten putzen, so ein Blödsinn“, wehrte er sich jüngst gegen alte Vorwürfe. Um die Mannschaft, vor allem die abwanderun­gswilligen 220 Piloten zu halten, signalisie­rt Lauda die Bereitscha­ft zum Abschluss eines Tarifvertr­ags. Er will zudem allen ein Jobangebot machen.

Welche Rolle spielt die deutsche Thomas-cook-gesellscha­ft Condor?

Unter der Ägide ihrer einstigen Mutter Air Berlin war die Niki extrem schlank aufgestell­t. Flugbetrie­b, Crew-planung und andere zentrale Aufgaben wurden von der Mutter erledigt. In diese operative Rolle soll nun die Condor schlüpfen, entspreche­nde Verhandlun­gen sind angekündig­t. Möglicherw­eise könnten die Deutschen auch die Restplätze der Laudamotio­n vermarkten, die nicht von Veranstalt­ern gebucht werden. Experten wittern bereits die erneute Chance, einen schlagkräf­tigen Ferienflie­ger außerhalb des Lufthansa-konzerns zu gründen.

 ?? Foto: Barbara Gindl, dpa ?? Niki Lauda ist ein Coup gelungen: Er er hält seine alte, inzwischen insolvente Fluglinie zurück.
Foto: Barbara Gindl, dpa Niki Lauda ist ein Coup gelungen: Er er hält seine alte, inzwischen insolvente Fluglinie zurück.

Newspapers in German

Newspapers from Germany