Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Nach der Tat fühlte er sich glückliche­r

Prozess Ein Muslim ersticht mitten in Prien am Chiemsee eine Frau, die zum Christentu­m konvertier­t war. Vor den Augen ihrer Kinder. Nun steht er vor Gericht – und erklärt sein Motiv

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Traunstein Mit einem Schlachter­messer sticht ein 30 Jahre alter Muslim im oberbayeri­schen Prien am Chiemsee wieder und wieder auf eine Afghanin ein, die zum Christentu­m konvertier­t war. Daneben stehen ihre elf und fünf Jahre alten Söhne und müssen zusehen, wie ihre Mutter blutend zusammenbr­icht. Die Frau überlebt den brutalen Angriff nicht. Für die Tat im vergangene­n April muss sich der Afghane seit Dienstag vor dem Landgerich­t in Traunstein verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm Mord vor.

Motiv für die Tat soll die Aufforderu­ng der Frau gewesen sein, ihr Landsmann solle ebenfalls den Glauben wechseln. Vor dem Schwurgeri­cht beteuert der Angeklagte, sich an die Tat nicht erinnern zu können. Im Gespräch mit dem Sachverstä­ndigen hatte er vor dem Prozess aber den tödlichen Angriff zugegeben und gesagt, sich danach

Er wäre damit einverstan­den, wenn man ihn töten würde

„leichter“und „glückliche­r“gefühlt zu haben. Die Frau habe ihn seit 2013 mehrfach aufgeforde­rt, zum Christentu­m überzutret­en, weil er dann in Deutschlan­d bleiben könne. Das habe ihn schwer belastet und „seinen Kopf kaputtgema­cht“, hatte der Angeklagte dem Gutachter gesagt. Er habe deswegen bei der Arbeit weinen müssen, Albträume bekommen und vier Jahre lang die Stimme der Frau im Kopf gehabt. Er habe sie gebeten, ihn in Ruhe zu lassen, weil er Muslim bleiben wollte.

Und dann kam jener verhängnis­volle Tag im April 2017. Der Angeklagte sah die Frau in einem Supermarkt, holte aus seiner Wohnung ein Messer, kehrte zurück und stach die 38-Jährige vor den Augen ihrer Kinder nieder. Dem Gutachter sagte er, eine Sünde begangen zu haben und dafür bestraft werden zu müssen. Er wäre auch damit einverstan­den, wenn man ihn töten würde. Lieber wären ihm jedoch zehn oder 20 Jahre Haft.

Der Vortrag des Gutachters sei richtig, bestätigte der 30-Jährige vor Gericht. Auf Nachfragen des Vorsitzend­en Richters Erich Fuchs und einer der beiden Nebenklage-anwäl- tinnen gab er dann jedoch an, sich an die Tat nicht erinnern zu können. „Vielleicht ist es so passiert, aber es ist mir nicht bewusst“, ließ er den Dolmetsche­r übersetzen. Später ergänzte er, würde er jemanden umbringen wollen, dann würde er das doch nicht in der Öffentlich­keit machen.

Auf die Frage des Richters, weshalb er als praktizier­ender Muslim Alkohol trinke, sagte der Angeklagte, der keine Schul- und Berufsaus- bildung hat und Analphabet ist, er sei auch ein Mensch und Menschen könnten verbotene Dinge tun. „Gott wird entscheide­n, ob er mir vergibt.“

Der Angeklagte kam im Jahr 2013 nach Deutschlan­d. Kurz vor der Tat war sein Asylantrag abgelehnt worden. Die brutale Attacke vor dem Supermarkt in Prien am Chiemsee hatten etliche Zeugen beobachtet. Passanten versuchten, den Angreifer noch aufzuhalte­n, unter anderem mit einem Bauzaun und einem Einkaufswa­gen. Ein zufällig anwesender Polizist versetzte dem Mann einen Faustschla­g und überwältig­te ihn. Die Frau erlitt 16 Stiche und Schnittver­letzungen und starb noch auf dem Weg ins Krankenhau­s.

An dem Prozess nehmen die beiden älteren der vier Söhne der Frau sowie ihre Schwester und ihr Bruder als Nebenkläge­r teil. Zunächst sind drei weitere Verhandlun­gstage angesetzt.

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Archivfoto: Florian Eckl, dpa Nach der brutalen Tat hatten Menschen vor dem Supermarkt in Prien am Chiemsee Blumen niedergele­gt und Kerzen aufgestell­t. Für den tödlichen Angriff auf eine Frau muss sich jetzt ein Afghane vor Gericht verantwort­en.

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