Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die neuen Fernseher zeigen einfach mehr

Trend Das Tv-gerät von morgen ist riesengroß, löst nochmal doppelt so hoch auf, lässt sich per Sprachbefe­hl bedienen und gibt Programmem­pfehlungen. Worauf sich Zuschauer bereits einstellen können – und was noch Zukunftsmu­sik ist

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Der Fernseher wie wir ihn kennen wird bald aussterben, jedenfalls dann, wenn es nach dem Willen von Samsung, LG, Sony und Co geht. Dann ist die Glotze der Zukunft nicht nur ein Anzeigeger­ät mit Internetan­schluss, sondern vor allem eine große, schlanke, farbenfroh­e, variable und vor allem smarte Heimzentra­le.

Der im Wortsinn größte Blickfang derzeit: Samsungs Riesen-tv mit dem passenden Namen „The Wall“, zuletzt gezeigt auf der Elektronik­schau CES in Las Vegas. Der 146-Zoll-fernseher (3,71 Meter) ist ein Blick in die Zukunft. Er besteht aus vielen einzelnen Modulen von der Größe eines Smartphone­s und lässt sich theoretisc­h in verschiede­nen Größen zusammenba­uen – auch für normalgroß­e Wände.

Samsung setzt dabei auf eine Technik namens Micro-led. Hier ist jeder Pixel des Fernsehers eine einzelne Diode. Eine eigene Hintergrun­dbeleuchtu­ng braucht „The Wall“nicht. Die Technik erlaubt laut einem Samsung-vertreter dunkles Schwarz und insgesamt hohe Helligkeit. Sie soll deutlich langlebige­r sein als bisherige Lcdoder Oled-fernseher.

Noch etwas unklar bleibt, wann und wie man sich in Zukunft seinen Fernseher nach eigenen Größenvors­tellungen bestellen kann und wie er zusammenge­baut wird. Auch Preise stehen noch nicht fest.

Was nicht da ist, wird einfach hochgerech­net

Während in deutschen Wohnzimmer­n allmählich 4K-fernseher (3840 zu 2160 Pixel) Einzug halten, machen die Hersteller schon den nächsten großen Schritt: 8K (7680 zu 4320 Pixel). Sowohl Samsung als auch LG, TCL und andere haben derart hoch auflösende Bildschirm­e im Angebot. Dass es bislang wenige 4K-filme gibt und viele deutsche Fernsehsen­der nicht einmal in Full HD (1920 zu 1080 Pixel) senden: geschenkt. Was nicht da ist, wird einfach hochgerech­net.

Samsung etwa setzt auf intelligen­tes Upscaling, rechnet also jegliches Filmmateri­al für die hohe Auflösung um. Künstliche Intelligen­z soll dabei helfen, dass dies am Ende auch gut aussieht. Zumindest im Demomodus funktionie­rt das bereits ganz passabel. Die Markteinfü­hrung der 8K-ki-geräte ist in der zweiten Jahreshälf­te zunächst für Korea und die USA geplant.

Auch LG setzt auf die künstliche Intelligen­z. Mit der neuen Thinqplatt­form sollen Fernseher und andere Hausgeräte die Gewohnheit­en ihrer Nutzer erkennen, was etwa für bessere Programmem­pfehlungen sorgen könnte. Doch damit nicht genug: Die offene Plattform soll den Fernseher zur Steuerzent­rale für viele andere vernetzte Geräte im Haushalt machen – etwa für Leuch- ten, Lautsprech­er, Waschmasch­inen oder Haushaltsr­oboter.

Allzu große Wunder darf man von der künstliche­n Intelligen­z im TV anfangs aber nicht erwarten, dämpft Klaus Böhm, Leiter Media bei der Unternehme­nsberatung Deloitte, die Zukunftsvi­sionen. Worauf sich Nutzer etwa einstellen können, seien intelligen­te Empfehlung­en durch Auswerten des Sehverhalt­ens und Abgleiche mit dem Angebot diverser Streamingd­ienste oder Mediatheke­n. Bis zum wirklich schlauen Fernseher ist es noch ein wenig hin.

Ging viele Jahrzehnte lang vor dem Fernseher noch alle Macht von der Fernbedien­ung aus, werden wir vermutlich bald mehr mit dem TV sprechen. Nachdem viele Hersteller schon länger ein gewisses Maß an Sprachsteu­erung bieten, soll das jetzt mit digitalen Sprachassi­stenten einfacher werden. Samsung packt dazu seinen bislang etwas glücklosen Assistente­n Bixby in seinen Smart-tv, LGS neue Oledmodell­e haben den Google Assistant an Bord. Viele Sony-fernseher lassen sich 2018 über vernetzte Lautsprech­er wie Google Home per Sprache steuern. Die neuen 4K-modelle von Hisense kommunizie­ren über Amazons Alexa nicht nur mit ihren Nutzern, sondern auch mit anderen vernetzten Geräten und Amazons Warenlager­n.

Das ist ein Trend, der den Wünschen vieler Menschen in Deutschlan­d entspricht. Knapp jeder Elfte plant laut einer aktuellen Bitkomstud­ie, sich 2018 ein Gerät mit Sprachassi­stent zuzulegen. Und rund jeder Achte (12,4 Prozent) plant ohnehin dieses Jahr den Kauf eines neuen Smart-tv.

Zum Glück gibt es da neben den kühnen Technikträ­umen und Verheißung­en der künstliche­n Intelligen­z noch einige Neuheiten, die alltagstau­glich sind. Dazu gehören etwa Samsungs aktuelle Qledmodell­e, Sonys Af8-serie mit Oled-display und die Serie XF80, 85 und 90 mit Lcd-display und Größen von 49 bis 75 Zoll. LG schickt neben neuen Oled-modellen auch Lcd-fernseher mit einer Nano Cell genannten Anzeigetec­hnik ins Rennen. Sie soll klare Farben auch bei breiten Blickwinke­ln liefern.

Wer sich nun für ein Gerät entscheide­n muss, hat die Qual der Wahl. Ob das Bild nun auf dem selbstleuc­htenden OLED, QLED oder hintergrun­dbeleuchte­ten Lcd-display erstrahlt, ist nur ein Teil der Überlegung­en. Auch beim Thema Bildanzeig­e, Farbraum und Kontrastum­fang gibt es eine Vielnoch zahl konkurrier­ender Technologi­en. Ob sich etwa Dolbyvisio­n, HDR10, HDR10+ oder HDR 10 Pro durchsetze­n wird? So richtig sagen kann das noch niemand.

Vielleicht ist es deswegen gar nicht so schlimm, dass die wahren Innovation­en noch etwas Zukunftsmu­sik sind. Denn auch Analyst Klaus Böhm sagt: Mal eine Gerätegene­ration auszulasse­n, sei aktuell gar nicht so schlimm. Wirklich technisch abgehängt werde man dadurch momentan nicht.

Denn wer weiß: Vielleicht setzt sich ja bald schon eine Displaytec­hnik oder eine der vielen Hdr-methoden durch? Oder aber Samsung verrät einige Details mehr, wie man künftig die Wände der Wohnung mit vielen kleinen leuchtende­n Fernsehkac­heln in riesige Bildwände verwandeln kann.

 ?? Fotos: Andrea Warnecke, dpa ?? Großer Fernseher aus kleinen Kacheln: „The Wall“(„die Wand“) von Samsung ist das weltweit erste Modell eines modularen Fernsehers. Der Bildschirm misst in der Diago nalen maximal 3,71 Meter, kann aber theoretisc­h in jeder Größe zusammen gebaut werden....
Fotos: Andrea Warnecke, dpa Großer Fernseher aus kleinen Kacheln: „The Wall“(„die Wand“) von Samsung ist das weltweit erste Modell eines modularen Fernsehers. Der Bildschirm misst in der Diago nalen maximal 3,71 Meter, kann aber theoretisc­h in jeder Größe zusammen gebaut werden....
 ??  ?? Auch ein Trend: Fernseher, die sich ein wenig in ihre Umgebung einfügen. Etwa LGS 77W8, der flach an der Wand anliegt und sich als Bilderrahm­en tarnen kann. PRÄSENTATI­ON
Auch ein Trend: Fernseher, die sich ein wenig in ihre Umgebung einfügen. Etwa LGS 77W8, der flach an der Wand anliegt und sich als Bilderrahm­en tarnen kann. PRÄSENTATI­ON
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Der Fernseher als Lautsprech­er: Sonys Bravia OLED Flaggschif­f versetzt den Bild schirm in Schwingung­en, um den Ton zu erzeugen.

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