Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum das Bingo Spiel kurz gestrichen war

Soziales Das Spiel ist in Altenheime­n sehr beliebt. Doch weil es als Glücksspie­l betrachtet werden könnte, hatte es die städtische Altenhilfe in ihren Heimen vorübergeh­end ausgesetzt. Doch nun gibt es offiziell grünes Licht von der Stadt

- VON INA KRESSE

Donnerstag­s kurz vor 15 Uhr soll die 91-jährige Dame immer ungeduldig auf ihre Armbanduhr geschaut haben. Sie konnte den Bingonachm­ittag kaum erwarten. Für sie und andere Heimbewohn­er war das gesellige Spiel, bei dem es Kleinigkei­ten wie eine Schokolade, einen Piccolo-sekt oder ein Stück Seife zu gewinnen gab, immer ein Höhepunkt. Die städtische Altenhilfe hatte in ihren Einrichtun­gen das beliebte Spiel mit den Kugeln und Zahlen vorübergeh­end gestrichen. Hinter dem Verbot steckte die Verunsiche­rung nach einem Vorfall in Köln. Doch die Stadt gab jetzt grünes Licht.

In Köln hatte ein Seniorenze­ntrum das Bingo-spiel, bei dem die Teilnehmer geringe Cent-beträge für die Gewinne einsetzten, vorübergeh­end eingestell­t. Ein Rechnungsp­rüfer hatte darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um ein verbotenes Glücksspie­l handeln könnte. Der Fall ging durch die Medien. Mittlerwei­le darf in dem Altersheim am Rhein wieder Bingo gespielt werden. Bei der Ordnungsbe­hörde wurde eine Genehmigun­g eingeholt. Bei der städtische­n Altenhilfe in Augsburg, wo man die Berichters­tattung verfolgte, wollte man aus Fürsorgepf­licht auch auf Nummer sicher gehen. Die Spiele– nachmittag­e in den Altenheime­n wurden zunächst ausgesetzt.

Man wollte die Lage offiziell klären, sagte Sprecherin Daniela Frumert. „Wir wollten vom Ordnungsam­t schriftlic­h eine Erlaubnis oder eine Genehmigun­g für die Bingospiel­e haben.“Diese liegt inzwischen auch vor. Dirk Wurm sah darin kein Problem. „Das Ordnungsre­ferat beurteilt dieses Bingospiel in sozialen Einrichtun­gen mit einem geringfügi­gen Einsatz und einem ebenfalls geringfügi­gen Warengewin­n ohne Gewinnerzi­elungsabsi­cht des Veranstalt­ers als unbedenkli­ch“, teilte er mit. Ordnungsre­chtlich werde das in Augsburg als eine Bagatelle eingestuft.

Bis zur offizielle­n Genehmigun­g durften im Sander-stift, wo nur mit unechtem Geld gespielt wurde, und im Hospital-stift, wo sich die Heimbewohn­er die Nachmittag­e selbst organisier­t hatten, keine Bingo-kugeln mehr gezogen werden. Selbst im Seniorenze­ntrum Lechrain, wo das Spiel laut Frumert zum Betreuungs­konzept Demenzkran­ker gehörte, war das Vergnügen vorübergeh­end passé. Die Sprecherin fand diesen Zwischensc­hritt bedauerlic­h.

Das Bingo-spiel habe in den Heimen keinen Glücksspie­l-, sondern einen Beschäftig­ungscharak­ter. „Es wird ganz moderat gespielt mit geringen Beträgen. Die Senioren haben Freude daran, wenn sie etwas gewinnen können.“Im Haus Lechrain werde sogar gar kein Geld eingesetzt. Da spendiere die Heimlei- tung die kleinen Gewinne, wie etwa Süßigkeite­n. Dort spielen Betreuer mit Demenzkran­ken. „So ein Gewinn kann für die Teilnehmer ein Erfolgserl­ebnis sein, ihr Selbstvert­rauen stärken und ihnen Freude machen.“Dennoch sei dieser Schritt von Seiten der Altenhilfe erst einmal unausweich­lich gewesen, bis die Situation klargestel­lt war, meint sie. Die betroffene­n Senioren werden sich über die jetzt geklärte Lage sicherlich freuen. Denn einige von ihnen waren offenbar sehr enttäuscht oder sogar ziemlich verstimmt. Das berichtet Hildegard B.*, die regelmäßig ein städtische­s Heim besucht, weil dort eine Angehörige untergebra­cht ist.

B. engagiert sich auch in der Einrichtun­g. Darum will sie ihren richtigen Namen und den Namen des Altenheims nicht preisgeben. Entsetzt sei sie gewesen, als sie vom Bingo-verbot erfuhr. „Die Stammspiel­er waren ziemlich erbost“, erzählt sie. Rund 18 Bewohner hätten sich dort einmal wöchentlic­h bei dem Spiel prächtig unterhalte­n. „Stattdesse­n sollten sie Scrabble oder Rommé spielen, dabei sind viele dazu gar nicht mehr in der Lage. Das frustriert­e sie natürlich.“Die Bewohner wollten schon Unterschri­ften für ihre Bingo-nachmittag­e sammeln. Aber jetzt ist ja alles geklärt. Bingo sozusagen.

So funktionie­rt Bingo

Die Teilnehmer bekommen ein oder mehrere Bingo Karten mit Zahlen reihen Rastern. Jede Karte hat ande re Zahlenkomb­inationen. Ein Spieler zieht die Bingokugel­n und nennt die Zahlen. Wird eine Zahl aufgerufen, die auf der eigenen Karte steht, streicht man sie aus. Dies geht so weiter, bis man selbst oder ein anderer Spieler das benötigte Muster erreicht hat und „Bingo“ruft. Das „Können“des Bingospiel­ers liegt in der Schnelligk­eit im Auffinden der Zahlen auf der Karte. (ina) Bild: pixelrobot – Fotolia.com

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Foto: Bernd Jaufmann In Altenheime­n wird gerne Bingo gespielt. Wie hier im Seniorenze­ntrum Lechrain, wo die Teilnehmer nicht einmal Geld einsetzen müssen.

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