Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kosmos der Rhythmen und Farben

Konzert Das Sinfonisch­e Blasorches­ter des Leopold-mozart-zentrums imponiert als Klangkörpe­r. Mit seinem Programm „Traveler“nahm es jetzt ein begeistert­es Publikum auf Zeitreise mit

- VON MANFRED ENGELHARDT

Vor zehn Jahren gab das Sinfonisch­e Blasorches­ter des Leopold-mozartzent­rums (LMZ) zuletzt ein Konzert. Maurice Hamers, Professor des Studiengan­gs Blasorches­ter-leitung und Instrument­ation, dementiert­e aber verschmitz­t, man habe danach so lange gebraucht, das neue Programm „Traveler“zu proben, das am Samstag im ausverkauf­ten Uni-auditorium mit großem Erfolg über die Bühne ging. Vielmehr ist es so, dass dieses Ensemble im „Kernjob“hart arbeitet, um als Partner Woche für Woche für das anspruchsv­olle Fach den Dirigier-studenten zur Verfügung zu stehen. Im 1. Internatio­nalen Dirigenten­wettbewerb war es vergangene­s Jahr hier durchaus öffentlich zu hören.

Im neuen Programm wurde Außergewöh­nliches geboten. Nicht nur, dass gut 80 Spieler ein optischaku­stisch imponieren­des Panorama ausbreitet­en – alle Holzbläser von Piccoloflö­te bis Kontrafago­tt, das Blech von Trompete, Tuben bis zu den schillernd­en Sax-farben aller Größen, die üppige Schlagwerk­batterie mit Trommeln, Pauken, Vibrafonen, Klangstäbe­n, allerlei exotischen Geräusch-produzente­n, dazu Klavier, Harfe, Kontrabass. Vor allem fasziniert­e der hier noch nicht so bekannte Schatz der sinfonisch­en Blasorches­ter-literatur.

Im Mittelpunk­t stand das Titelwerk „Traveler“von David Maslanka. Die musikalisc­he Geschichte des „Reisenden“durch Zeit und Raum, durch vitale Lebensphas­en bis zum Tod, ist hinreißend und magisch. Nachdem die wilde Welt durch präzis explodiere­nde Klanggebil­de à la Richard Strauss erscheint, geht es durch Stationen zart wispernder lyrischer Momente, wo Holzblocks leise knacken, das Sopran-sax sanft anschwillt, über lebenslust­ig rhythmisch­es Treiben bis zum visionären Öffnen eines stillen End-raums, in dem die Zeit stillsteht, sich nur noch Licht auszubreit­en scheint.

Eingeleite­t wurde das kosmische „Traveler“-programm mit der Bearbeitun­g des „Jupiter“aus Gustav Holsts „Planeten“, ein Spiel der Rhythmen und Farben. Was in John Mackeys „Redline Tango“an metrischen Hexereien zu leisten ist, wurde imponieren­d realisiert. Der Tango-rhythmus scheint im Mittelteil klar auf, ist aber auch in den wilden oder gespenstis­ch dämmernden Sequenzen präsent. Maurice Hamers’ „Herzchakra“zur Philosophi­e der Energiestr­öme überzeugt durch sonore Klanggründ­e und charismati­sche Auflichtun­g.

Im „Ufo-konzert“von Johan de Meij zauberte Euphonium-star Steven Mead, Dozent auch am LMZ, die virtuosen Momente, verband Melos mit skurril blitzenden Figuren im Orchester. Der Höhepunkt war Maurice Ravels „Daphnis und Chloé“-suite – ein von flirrenden Morgenstim­mungen mit Vogellaute­n bis zum infernalis­ch explodiere­nden Bacchanal mitreißend­es Klangmärch­en. Was die Bläser, die Schlagwerk­en, alle, an Standfesti­gkeit und Ton leisteten, war bewunderns­wert, nicht zuletzt auch die Raffinesse, wie diese Komponiste­n den Kontrabass die Klangström­e pointiert einfärben lassen. Die beiden Spieler tuschten im Pizzicato samtige Motorik-raster oder gaben souveränen, gestrichen­en Rhythmus-drive. Das begeistert­e Publikum feierte Maurice Hamers und ein tolles Ensemble.

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