Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Manager, der noch immer polarisier­t

Morgen wird Josef Ackermann 70 Jahre alt. Während die Deutsche Bank weiterhin mit den Folgen der Finanzkris­e kämpft, ist ihr Ex-chef zufrieden

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Es gibt eine Formulieru­ng, die an Josef Ackermann klebt wie das Etikett an einer Verpackung: Ackermann, heißt es seit Jahren immer wieder in Porträts, sei ein Mann, der „mit sich im Reinen ist“. So war es im Jahr 2002, als der Schweizer Vorstandsc­hef der Deutschen Bank wurde. So war es zehn Jahre später, als er die Bank wieder verließ. Und so ist es auch jetzt, kurz vor seinem 70. Geburtstag, den er morgen feiert.

Es ist eine Formulieru­ng, die ganz nebenbei so einiges impliziert. Zum Beispiel, dass es durchaus Gründe für Ackermann geben könnte, nicht mit sich im Reinen zu sein. Schließlic­h hat kaum ein anderer Wirtschaft­slenker so polarisier­t wie er. Für die einen war Ackermann ein begnadeter Manager, für die anderen der Inbegriff des arroganten Bankers, gierig, geschickt, überlegen grinsend. Es ist gut möglich, dass vielen Deutschen nur ein einziges Bild von Ackermann im Gedächtnis geblieben ist: Das des Topmanager­s, der beim Mannesmann­prozess im Jahr 2004 die Finger zum V spreizte, zum Zeichen für das englische Wort Victory, zu Deutsch: Sieg. Ackermann sagte später, er habe nur einen Scherz gemacht, habe Michael Jackson imitiert, der fünf Tage zu- vor mit eben dieser Geste einen Gerichtssa­al verlassen hatte.

Aber er konnte die Wirkkraft des Bildes nicht mehr einfangen. Das Foto landete auf Wahlplakat­en und Postkarten, noch vier Jahre später sprach der damalige Spd-vorsitzend­e Franz Münteferin­g in einem Interview von den „Ackermänne­rn“und charakteri­sierte damit eine ganze Generation von Managern. In der Finanzkris­e allerdings veränderte sich die öffentlich­e Wahrnehmun­g. Ackermann beriet die Kanzlerin, als es um den Notfallpla­n für die Hypo Real Estate ging, und brachte Banken und Versichere­r dazu, sich am Rettungspa­ket für Griechenla­nd zu beteiligen. „Kein Geschäft“, sagte er einmal, „ist es wert, den guten Ruf der Deutschen Bank aufs Spiel zu setzen“. Heute lässt es Ackermann ruhiger angehen. Seit Ende 2014 ist er Aufsichtsr­atschef der Bank of Cyprus. Er reist viel, spielt Golf, geht wandern. Mit seiner finnischen Frau Pirkko, die er vor mehr als 40 Jahren geheiratet hat, lebt er in Zürich, New York oder London. Die Deutsche Bank, betonte Ackermann in den vergangene­n Jahren oft, habe er „besenrein“an seine Nachfolger übergeben. In Frankfurt teilen diese Meinung allerdings nicht alle. Der amtierende Chef John Cryan klagte vor einigen Monaten, die Bank habe nach der Finanzkris­e später als andere begonnen, Fehler zu beheben.

Ackermann reagiert auf Vorwürfe dieser Art gelassen. „Öffentlich mit dem Finger auf Vorgänger oder Nachfolger zu zeigen, ist nicht mein Stil“, sagte er jüngst. Davon abgesehen würden „die Fakten ohnehin lauter als Worte“sprechen. Man könnte auch sagen: Der Manager wirkt ganz und gar mit sich im Reinen.

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Foto: M. Gambarini, dpa

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