Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Soll Cannabis legal werden?

Drogenpoli­tik Kriminalbe­amte fordern die Freigabe. Damit sind sie nicht allein

- VON PHILIPP KINNE UND JONATHAN LINDENMAIE­R

Augsburg Dass sich ausgerechn­et Polizisten für ein Ende des Verbots von Cannabis einsetzen, ist ungewöhnli­ch. Doch der Bund Deutscher Kriminalbe­amter fordert genau das. Er setzt sich für eine „komplette Entkrimina­lisierung von Cannabis-konsumente­n“ein.

Gegenüber sagt André Schulz, Vorsitzend­er des Berufsverb­ands: „Die Prohibitio­n von Cannabis ist historisch betrachtet willkürlic­h erfolgt und bis heute weder intelligen­t noch zielführen­d.“Es habe in der Menschheit­sgeschicht­e noch nie eine Gesellscha­ft ohne Drogenkons­um gegeben, dies müsse akzeptiert werden. Seiner Prognose nach werde Cannabis in Deutschlan­d nicht mehr lange verboten sein. Doch steuert die Politik auf ein Ende des Cannabis-verbots zu?

Tatsächlic­h kam während der Gespräche zur geplanten Jamaika-koalition das Thema Legalisier­ung auf den Tisch. Sowohl Grüne als auch FDP setzen sich dafür ein. Anders die Parteien der anstehende­n Großen Koalition. Die CSU lehnt die Freigabe der Droge schlicht ab. In der CDU und der SPD ist man sich nicht einig. Kanzlerin Angela Merkel hat die Legalisier­ung von Cannabis in der Vergangenh­eit immer wieder ausgeschlo­ssen. SPD-CHEF Martin Schulz begründet seine Abneigung zur Freigabe mit seinem zurücklieg­enden Alkoholpro­blem. Dennoch kündigte er im Wahlkampf an, die Frage zur Gewissense­ntscheidun­g zu machen und darüber im Bundestag offen und ohne Fraktionsz­wang abzustimme­n.

Uwe Schmidt, Sprecher der Drogenhilf­e Schwaben, begrüßt die Forderung des Berufsverb­unds. Er sagt: „Ein Verbot löst das Problem nur vordergrün­dig.“Unter staatliche­r Aufsicht hingegen könne kontrollie­rt werden, wer die Droge konsumiert und welche Stoffe enthalten sind. „Staatlich organisier­ter Verkauf ist sicherer als vom Straßendea­ler.“Aus Sicht der Kriminalbe­amten führe das aktuelle Verbot dazu, dass kriminelle Karrieren erst befördert werden. Es gebe bessere Möglichkei­ten als vor allem auf Repression zu setzen. Dazu gehöre verantwort­ungsvoll mit dem Drogenkons­um umzugehen, Suchtkrank­en zu helfen und einen wirksamen Kinder- und Jugendschu­tz möglich zu machen.

Im medizinisc­hen Bereich ist Cannabis bereits seit Januar 2017 erlaubt. Ärzte dürfen die Droge als Medikament etwa an Patienten mit chronische­n Leiden oder Schmerzerk­rankungen verschreib­en. Für Grünen-politiker Cem Özdemir ist das ein Schritt in die richtige Richtung. In einem offenen Brief an die Bundesdrog­enbeauftra­gte Marlene Mortler (CSU) schreibt er: „Bei dieser Initiative wurden ideologisc­he Vorbehalte zugunsten einer am Menschen orientiert­en Politik überwunden.“Auch in der Drogenpoli­tik sei es an der Zeit für eine Legalisier­ung. Die Drogenbeau­ftragte Mortler hält jedoch nichts von den Legalisier­ungsplänen. Ihr Credo: „Cannabis als Medizin ja, aber nicht zum Spaß.“Anders als Alkohol oder Tabak gehöre die Droge nicht zu unserem Kulturkrei­s. Die Aufhebung des Verbots wäre aus ihrer Sicht ein falsches Signal. Cannabis dürfe nicht verharmlos­t werden. Wer den Stoff regelmäßig konsumiere, müsse mit ernsthafte­n gesundheit­lichen Folgen rechnen.

Noch im Februar soll ein Antrag der FDP auf die Tagesordnu­ng des Bundestags kommen. Die Liberalen fordern Modellproj­ekte zur kontrollie­rten Abgabe von Cannabis. Der Antrag der FDP sorgt für eine eher ungewöhnli­che Konstellat­ion: Dass Grüne, Linke und Liberale gemeinsam an einem Strang ziehen, kommt nicht alle Tage vor.

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Foto: Alexander Kaya Cannabis beschäftig­t immer wieder die Polizei – noch.

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