Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Soll Cannabis legal werden?
Drogenpolitik Kriminalbeamte fordern die Freigabe. Damit sind sie nicht allein
Augsburg Dass sich ausgerechnet Polizisten für ein Ende des Verbots von Cannabis einsetzen, ist ungewöhnlich. Doch der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert genau das. Er setzt sich für eine „komplette Entkriminalisierung von Cannabis-konsumenten“ein.
Gegenüber sagt André Schulz, Vorsitzender des Berufsverbands: „Die Prohibition von Cannabis ist historisch betrachtet willkürlich erfolgt und bis heute weder intelligent noch zielführend.“Es habe in der Menschheitsgeschichte noch nie eine Gesellschaft ohne Drogenkonsum gegeben, dies müsse akzeptiert werden. Seiner Prognose nach werde Cannabis in Deutschland nicht mehr lange verboten sein. Doch steuert die Politik auf ein Ende des Cannabis-verbots zu?
Tatsächlich kam während der Gespräche zur geplanten Jamaika-koalition das Thema Legalisierung auf den Tisch. Sowohl Grüne als auch FDP setzen sich dafür ein. Anders die Parteien der anstehenden Großen Koalition. Die CSU lehnt die Freigabe der Droge schlicht ab. In der CDU und der SPD ist man sich nicht einig. Kanzlerin Angela Merkel hat die Legalisierung von Cannabis in der Vergangenheit immer wieder ausgeschlossen. SPD-CHEF Martin Schulz begründet seine Abneigung zur Freigabe mit seinem zurückliegenden Alkoholproblem. Dennoch kündigte er im Wahlkampf an, die Frage zur Gewissensentscheidung zu machen und darüber im Bundestag offen und ohne Fraktionszwang abzustimmen.
Uwe Schmidt, Sprecher der Drogenhilfe Schwaben, begrüßt die Forderung des Berufsverbunds. Er sagt: „Ein Verbot löst das Problem nur vordergründig.“Unter staatlicher Aufsicht hingegen könne kontrolliert werden, wer die Droge konsumiert und welche Stoffe enthalten sind. „Staatlich organisierter Verkauf ist sicherer als vom Straßendealer.“Aus Sicht der Kriminalbeamten führe das aktuelle Verbot dazu, dass kriminelle Karrieren erst befördert werden. Es gebe bessere Möglichkeiten als vor allem auf Repression zu setzen. Dazu gehöre verantwortungsvoll mit dem Drogenkonsum umzugehen, Suchtkranken zu helfen und einen wirksamen Kinder- und Jugendschutz möglich zu machen.
Im medizinischen Bereich ist Cannabis bereits seit Januar 2017 erlaubt. Ärzte dürfen die Droge als Medikament etwa an Patienten mit chronischen Leiden oder Schmerzerkrankungen verschreiben. Für Grünen-politiker Cem Özdemir ist das ein Schritt in die richtige Richtung. In einem offenen Brief an die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) schreibt er: „Bei dieser Initiative wurden ideologische Vorbehalte zugunsten einer am Menschen orientierten Politik überwunden.“Auch in der Drogenpolitik sei es an der Zeit für eine Legalisierung. Die Drogenbeauftragte Mortler hält jedoch nichts von den Legalisierungsplänen. Ihr Credo: „Cannabis als Medizin ja, aber nicht zum Spaß.“Anders als Alkohol oder Tabak gehöre die Droge nicht zu unserem Kulturkreis. Die Aufhebung des Verbots wäre aus ihrer Sicht ein falsches Signal. Cannabis dürfe nicht verharmlost werden. Wer den Stoff regelmäßig konsumiere, müsse mit ernsthaften gesundheitlichen Folgen rechnen.
Noch im Februar soll ein Antrag der FDP auf die Tagesordnung des Bundestags kommen. Die Liberalen fordern Modellprojekte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis. Der Antrag der FDP sorgt für eine eher ungewöhnliche Konstellation: Dass Grüne, Linke und Liberale gemeinsam an einem Strang ziehen, kommt nicht alle Tage vor.