Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Was die Griechen wütend macht
Diplomatie Der Konflikt um den Namen des Nachbarlandes Mazedonien schwelt seit 27 Jahren. Warum ein Kompromissvorschlag viele Gegner hat
Augsburg Seit 1991 wird nun schon gestritten. Von wegen Schall und Rauch: Es geht um einen Namen. Genauer, um die Bezeichnung für den Staat, der nördlich an Griechenland grenzt: Die „Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien“– so wird das Land offiziell bei den Vereinten Nationen geführt. Für die große Mehrheit der Griechen aber ist Mazedonien der Name der nordgriechischen Provinz und somit Bestandteil des Nationalerbes. Dass sich die frühere jugoslawische Teilrepublik seit seiner Unabhängigkeit vor 27 Jahren nun ebenfalls so nennt, treibt vielen stolzen Griechen die Zornesröte ins Gesicht. Am Wochenende demonstrierten je nach Quelle zwischen 150000 und mehreren hunderttausend Menschen in der Hauptstadt Athen gegen einen Kompromiss in dieser verzwickten Angelegenheit.
Nicht wenige Beobachter nennen den Dauerkonflikt längst eine Posse. Und tatsächlich gibt es Elemente bei diesem Streit, die an ein derbes und groteskes Bühnenstück mit viel Klamauk und bizarren Übertreibungen erinnern. Die Auswirkungen allerdings sind real und folgenschwer.
Denn Athen blockiert mit Hinweis auf den „Namensdiebstahl“seit vielen Jahren jeden Versuch, das Nachbarland enger an die Europäische Union und die Nato zu binden. Die andere Seite beharrt ähnlich emotional und sturköpfig auf den Namen Mazedonien. In der Vergangenheit heizten nationalistische Politiker in der Hauptstadt Skopje die rhetorischen Scharmützel weiter an, indem sie eine mazedonische Identität kategorisch nur für das eigene Land reklamierten.
Doch zuletzt gab es einen Hoffnungsschimmer. Ein Regierungswechsel in Skopje lockerte die Fronten: Die nationalkonservative Regierung wurde im Frühjahr 2017 abgewählt. Die Mazedonier setzten auf Zoran Zaev als Ministerpräsidenten. Der Sozialdemokrat signalisierte Kompromissbereitschaft und auch sein griechischer Amtskollege Alexis Tsipras deutete an, dass er den Konflikt endlich beenden wolle.
Der Un-vermittler Matthew Nimetz versucht die Gunst der Stunde zu nutzen. Er reist in dieser Woche nach Skopje und Athen. Sein Vorschlag: Der Balkan-staat Mazedonien benennt sich um. Denkbar seien Konstrukte wie Nord-mazedonien oder Neu-mazedonien. Ob das durchsetzbar sein wird, ist völlig unklar. In beiden Ländern formierte sich umgehend heftiger Widerstand gegen eine solche Lösung.
Es ist kein Geheimnis, dass die Suche nach einem Kompromiss in Moskau misstrauisch verfolgt wird. Russland fürchtet, dass sein Einfluss in den sechs Staaten des Westbalkans – Mazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien-herzegowina, Albanien und das Kosovo – zurückgedrängt werden könnte, wenn sich die Länder enger an EU und Nato binden. Geht es nach Moskau, kann der Dauerstreit um Mazedonien ruhig weiterköcheln.