Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ist das noch bio, wenn Höfe 15 000 Legehennen haben?

Tierwohl Die Organisati­on Foodwatch bemängelt die Gesundheit von Bio-tieren. Was Landwirte aus der Region sagen

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Augsburg Bei Bio kommt vielen Verbrauche­rn im ersten Moment nicht der Gedanke, dass es landwirtsc­haftliche Betriebe gibt, die mehr als 15000 oder 20000 Legehennen haben. Bis zu 3000 Tiere können in einem Stall gehalten werden und davon haben viele Landwirte mehrere. Schnell erreichen Bio-betriebe Ausmaße von konvention­ellen Höfen. Stellt sich die Frage, ob das noch wirklich bio ist?

Die Organisati­on Foodwatch bemängelt grundsätzl­ich nicht die Zahl der Tiere in einem Stall, sondern vielmehr den Gesundheit­szustand der Hennen. „Weder bei der Euöko-verordnung noch bei den Biolabels spielt die Gesundheit der Tiere eine Rolle“, sagt Dario Sarmadi, Pressespre­cher von Foodwatch. Die Organisati­on verlange vom Gesetzgebe­r ein klares Signal, um die Situation aller Nutztiere zu verbessern. „Es muss einheitlic­he Standards bezüglich der Gesundheit geben“, sagt Sarmadi. Bisher könne der Verbrauche­r nicht im Regal erkennen, wie es dem Tier im Betrieb ergangen sei. „Der Preis allein ist nämlich kein Indikator für Tiergesund­heit“, stellt der Pressespre­cher klar.

Wie sieht es bei Bio-höfen in der Region aus? Johannes Breitsamet­er hat einen Betrieb mit insgesamt 15 000 Bio-legehennen. Neben der Eu-öko-verordnung hält er auch die Richtlinie­n des Bio-labels Bioland ein. „Mir ist das Tierwohl wichtig“, sagt Breitsamet­er. Er halte seine Hennen artgerecht auf seinem Hof Hohleneich im Kreis Aichach-friedberg. Im Jahr werde sein Betrieb zwischen 16 und 18 Mal kontrollie­rt. Die Hälfte des Futters produziere er selbst, wie es die Bioland-richtlinie­n vorschreib­en.

Ähnlich beschreibt es Hubert Miller. In seinem Betrieb in Schmiechen, ebenfalls im Landkreis Aichach-friedberg, hat er statt Legehennen 9600 Masthühner, verteilt auf zwei Ställe. „Täglich wird frisches Stroh ausgestreu­t und die Tiere bekommen ganze Körner zum Picken“, sagt Miller. Außerdem haben die Hühner viel Platz. „In konvention­ellen Betrieben kann man den Boden nicht sehen, in unseren Ställen gibt es genügend freie Flächen“, sagt der Landwirt. Im Schnitt wachsen die Tiere acht Wochen heran und erreichen so ein Gewicht zwischen 2,5 und 3,5 Kilogramm. „Ab vier Wochen dürfen die Tiere ins Freie, wo jedem Huhn vier Quadratmet­er Fläche zur Verfügung stehen“, erklärt Miller. Jedoch nutzen die Tiere diese gar nicht aus, eher kuschelten sie sich zusammen. Miller selbst sagt: „Es gab schon Überlegung­en, den Hof um einen weiteren Stall zu vergrößern.“Betrieben mit einer deutlich größeren Anzahl an Tieren steht er kritisch gegenüber. „80000 Hühner oder so würde ich nicht gut finden.“Solch eine Zahl ist gar nicht so abwegig.

In den neuen Bundesländ­ern gibt es Erzeuger, die sich zusammenge­schlossen haben und wo beispielsw­eise im Landkreis Rostock zwölf Höfe knapp 300000 Bio-legehennen halten. „Das ist natürlich für einen Verbrauche­r gewöhnungs­bedürftig, der bei solchen Zahlen sofort an konvention­elle Massentier­haltung denkt“, gibt Johannes Enzler zu. Er ist bei der Bayerische­n Landesanst­alt für Landwirtsc­haft für die Einhaltung der Eu-ökoverordn­ung zuständig, zudem ist er der Sprecher des Bund Naturschut­z der Kreisgrupp­e Augsburg. „In Bayern gibt es nur wenige Betriebe mit Bio-legehennen im vierstelli­gen Bereich“, sagt er. Auch bei den Masthühner­n seien die Tierbestän­de deutlich geringer als in den neuen Bundesländ­ern. „Dort gilt, dass in einem Stall von 1600 Quadratmet­ern nicht mehr als 4800 Hennen leben dürfen“, erklärt Enzler. Das seien zehn Tiere pro Quadratmet­er.

Die Landesanst­alt für Landwirtsc­haft führt jährlich Kontrollen auf den Höfen durch, bei denen stichprobe­nartig Hennen untersucht werden. „Man schaut, ob im Federkleid Parasiten sind oder ob es möglicherw­eise Brustbeinb­rüche gibt“, sagt Johannes Enzler. Auch ein roter Kamm oder ein gesundes Essverhalt­en seien gute Indikatore­n für die Gesundheit des Tieres.

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Foto: Becker Maximal 3000 Bio Legehennen dürfen in einem Stall gehalten werden.

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