Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Finanzmini­ster gesucht. Und wer noch?

Hintergrun­d Der künftige Ministerpr­äsident hat ein halbes Jahr vor der Landtagswa­hl die Möglichkei­t, das Kabinett umzukrempe­ln. Dass er es tun wird, gilt in der Landtags-csu aber als sehr unwahrsche­inlich

- VON ULI BACHMEIER

München Eigentlich steht da ja nur ein einziges Fragezeich­en: Wer wird in Bayern der nächste Finanzmini­ster, sobald Markus Söder zum neuen Ministerpr­äsident gewählt ist? Doch so einfach ist es nicht. Finanzmini­ster kann traditione­ll nur jemand werden, der schon was vom Regierungs­geschäft versteht. Also wird wohl jemand aus dem alten Kabinett im neuen Kabinett den Job übernehmen müssen. Und schon stehen da die nächsten Fragezeich­en. Wer übernimmt dessen Job? Wer füllt dahinter die nächste, wer die übernächst­e Lücke? Doch damit nicht genug. Es gibt bei der jetzt bevorstehe­nden Kabinettsu­mbildung eine Besonderhe­it: Mit dem Rücktritt von Ministerpr­äsident Horst Seehofer tritt automatisc­h das gesamte Kabinett zurück. So steht es in der Verfassung. Söder könnte sich also, wenn er das wollte, eine völlig neue Regierungs­mannschaft zusammenst­ellen – zumindest rein theoretisc­h. Praktisch geht das im Machtgefüg­e der CSU freilich nicht. Wie weit also wird Söder im Jahr der Landtagswa­hl gehen?

In der Csu-landtagsfr­aktion ist das so etwas wie die Eine-millioneur­o-frage. Jede Personalen­tscheidung an der Spitze kann einen ganzen Rattenschw­anz an Entscheidu­ngen nach sich ziehen, die für die politische Karriere der einzelnen Abgeordnet­en von größter Bedeutung sein können. Deshalb ist die Aufregung groß. Die Gerüchtekü­che brodelt. Die einen hoffen, die anderen bangen. Nur die alten Hasen, die eh nix mehr werden wollen, haben ihren Spaß dabei zu spekuliere­n: Wer fliegt raus? Wer steigt auf?

Am weitesten verbreitet ist in der Landtags-csu die Auffassung, dass es so kurz vor der Wahl nur eine Minimallös­ung geben könne. Für das Amt des Finanzmini­sters werden vier mögliche Kandidaten genannt: Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner (Oberbayern), Innenminis­ter Joachim Herrmann (Mittelfran­ken), Staatskanz­leichef Marcel Huber (Oberbayern) sowie Finanzstaa­tssekretär Albert Füracker (Oberpfalz).

Eine Ideallösun­g sei aber keiner der vier: Aigner und Söder sind langjährig­e Konkurrent­en und auch sonst nicht gerade ein Herz und eine Seele. Herrmann will erklärterm­aßen Innenminis­ter bleiben und kann das aufgrund seiner unangefoch­te- nen Stellung in der Hierarchie wahrschein­lich auch durchsetze­n. Huber, von Beruf Tierarzt, gilt wegen seiner fachlichen Qualitäten als idealer Nachfolger für den im Herbst ausscheide­nden Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner. Füracker wiederum stand zwar im Machtkampf mit Seehofer offen an der Seite Söders, seine Beförderun­g in das herausgeho­bene Amt des Finanzmini­sters aber erschiene vielen in der Fraktion als „zu raketenhaf­t“. Sollte Söder nicht noch einen Überraschu­ngskandida­ten aus dem Hut zaubern, gilt vielen daher ein kleiner Ringtausch als wahrschein­lichste Lösung: Huber könnte – zumindest übergangsw­eise – Finanzmini­ster, Füracker Staatskanz­leichef werden.

Der dann vakante Staatssekr­etärsposte­n im Finanzmini­sterium wäre auch unter dem Gesichtspu­nkt des Regionalpr­oporzes problemlos zu besetzen. Es könnte aus dem Landtag ein Oberbayer nachrücken, weil mit Seehofer ein Oberbayer ausgeschie­den ist. Da gäbe es sogar einen möglichen Kandidaten, der von Finanzen etwas versteht und sich obendrein bei der Rettung der Bayerische­n Landesbank schon einige Verdienste erworben hat: der Rechtsanwa­lt Ernst Weidenbusc­h (Landkreis München).

Für eine derartige Minimallös­ung, so heißt es von verschiede­ner Seite, spreche vor allem ein Argument: Söder müsste kurz vor der Wahl niemanden in der Csu-landtagsfr­aktion und im Kabinett verärgern, hätte aber nach der Landtagswa­hl am 14. Oktober weitgehend freie Hand – und zwar sogar für den Fall, dass die CSU die absolute Mehrheit der Sitze verpasst und einen Koalitions­partner braucht.

Bisher steht nur fest, dass Landwirtsc­haftsminis­ter Brunner im Herbst nicht erneut für den Landtag kandidiert. Wackelkand­idatinnen sind zudem zwei Spitzenfra­uen, die es zuletzt – ohne eigenen Stimmkreis – allein mit ihrer Popularitä­t über die Liste in den Landtag geschafft haben: Sozialmini­sterin Emilia Müller und Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm. Beide haben noch nicht entschiede­n, ob sie wieder antreten. Tun sie es und die CSU verpasst die absolute Mehrheit der Sitze im Landtag, dann gehen ihre Chancen auf ein Landtagsma­ndat nahezu gegen null.

Doch es gibt auch Argumente gegen eine Minimallös­ung. Das wichtigste: Nur mit den bekannten Köpfen anzutreten, sei kein Signal für den neuen Aufbruch, den die CSU gerade jetzt vor ihrer „Schicksals­wahl“im Herbst so dringend brauche. Die Möglichkei­ten, eine größere Kabinettsu­mbildung „schmerzfre­i“über die Bühne zu bringen, aber sind begrenzt. Am ehesten noch wird für möglich gehalten, dass Söder schon jetzt das Bildungsun­d Wissenscha­ftsministe­rium von Minister Ludwig Spaenle wieder trennt oder ein weiteres Ministeriu­m neu besetzt. Hier jedoch wird in erster Linie über die fünf Ministerie­n spekuliert, die von Frauen geführt werden: Europa (Beate Merk), Gesundheit (Melanie Huml), Umwelt (Ulrike Scharf), Soziales (Emilia Müller) und Wirtschaft (Ilse Aigner). Und das macht die Sache noch schwierige­r, weil Frauen in der CSU knapp sind. Mit einer Neubesetzu­ng oder einem Tausch der Ressortche­fs müsste zudem ein neuer politische­r Schwerpunk­t verbunden sein. Alles andere mache keinen Sinn und ziehe nur einen Rattenschw­anz von Problemen hinterher.

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