Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Übles Foul oder Narrenfrei­heit?

Ärger Warum der Auftritt einer Gruppe Oberpfälze­r Narren bei der „Fastnacht in Franken“eine hitzige Debatte darüber ausgelöst hat, was im Fasching erlaubt ist – und was nicht

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Veitshöchh­eim Am Freitagabe­nd lockte die „Fastnacht in Franken“4,21 Millionen Zuschauer vor die Fernseher. Noch am selben Abend löste die beliebte Sendung des

in Veitshöchh­eim eine hitzige Debatte darüber aus, wie weit der Fasching gehen darf.

Auslöser war der Auftritt der Komödiante­ngruppe „Altneihaus­er Feierwehrk­apell’n“, die Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron und seine 24 Jahre ältere Ehefrau aufs Korn genommen hatten. Minutenlan­g hatte sich die Feuerwehrm­annschaft über den Altersunte­rschied ausgelasse­n. Sie bezeichnet­en Brigitte Macron als „gut eingefahr’nen Schlitten“und gut abgehang’ne Dame“und widmeten der 64-Jährigen zur Melodie von „Pigalle“noch ein Liedchen: „Brigitte, Brigitte, du bist die schärfste alte Hütte mitten in Paris“.

Schon im Saal blieb manchem da das Lachen im Halse stecken, im Nachgang wurde der Wirbel immer größer. So zeigte sich unter anderem der Landesbisc­hof der evangelisc­hen Kirche in Bayern und Gast der Fernseh-prunksitzu­ng, Heinrich Bedford-strohm, erstaunt. Zwar lobte er das Programm als das „stärkste, das ich bisher in Veitshöchh­eim gesehen habe“. Die Sätze über Emmanuel und Brigitte Macron seien aber „voll daneben“gewesen. Im Internet nannten verärgerte Zuschauer die Äußerungen „Altherrenw­itzjauche“, „primitiv“, „unglaublic­h beleidigen­d“und „unverschäm­t“. Es gab aber auch verständni­svolle Äußerungen: „Ihr Beitrag über die Macrons war grenzwerti­g, aber im Fasching muss man so was abkönnen“, schrieb ein Kommentato­r auf der Internetse­ite der „Feierwehrk­apell’n“.

Der Kulturwiss­enschaftle­r Gunther Hirschfeld­er sieht das anders. Die Oberpfälze­r hätten eindeutig eine Grenze überschrit­ten. „Das war mutig und dumm. Das ist ein übles Foul, das nach hinten losgegange­n ist“, sagt der Professor für Vergleiche­nde Kulturwiss­enschaften von der Universitä­t Regensburg. Witze im Karneval sollen und dürfen derb sein, sagt Hirschfeld­er weiter. Aber: „Der Sinn des Karnevals besteht in seiner politische­n Diktion darin, auf politische Missstände hinzuweise­n und nicht Menschen in ihrer persönlich­en Lebenssitu­ation zu diffamiere­n.“

In Zeiten der „#Metoo-bewegung“sind Witze über Frauen ohnehin meist eine Gratwander­ung. Das bestätigt Kulturwiss­enschaftle­r Hirschfeld­er: Die Gesellscha­ft sei sensibilis­ierter mit Themen, die geschlecht­erspezifis­ch und frauenfein­dlich sind. „So eine Sache wäre vor zehn Jahren noch als misslich, aber eben leider auch normal eingestuft worden.“

Der kündigte an, sich im kommenden Jahr noch genauer mit dem Fastnacht-verband und den Künstlern im Vorfeld abzustimme­n. „Bei Fastnacht in Franken handelt es sich um eine kabarettis­tische Sendung in Zusammenar­beit mit dem Fastnacht-verband Franken, die grundsätzl­ich von der Zuspitzung lebt“, erklärte Norbert Küber, Chef des

Franken: Wenn in diesem Jahr „die sogenannte Narrenfrei­heit in der Wahrnehmun­g einiger Zuschauer indes zu weit ausgelegt war und durch besonders zugespitzt­e, satirische Passagen Irritation­en entstanden sein sollten, bedauern wir dies ausdrückli­ch.“

Die „Altneihaus­er Feierwehrk­apell’n“reagierte indessen gelassen auf die einprassel­nde Kritik. Auf ihrer Internetse­ite veröffentl­ichten die Kabarettis­ten am Sonntag ein Gedicht: „Was hat die Oberpfalz nicht, unverschul­det, im Lauf der Jahre schon erduldet: Hussiten, Pest und Cholera, CSU, Strauß, WAA, die Krätze und die AFD, Stefan Mross und BSE, Typhus, Goethe, Diebe, Räuber, Röteln, Masern, Mumps, den Stoiber, Bischof Müller und die Schweden, da werden die paar Seelenschä­den, die wir in Franken abbekommen, von uns duldend hingenomme­n.“

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Foto: Karmann, dpa Der Auftritt der „Altneihaus­er Feierwehrk­apell’n“bei der „Fastnacht in Franken“wur de mit vereinzelt­en Buh Rufen aus dem Publikum quittiert.

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