Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schlusspun­kt und Ausrufezei­chen

Fußball Marco Richter erzielte beim 3:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt sein erstes Bundesliga-tor. Es war auch für den FCA ein ganz besonderer Treffer

- VON ROBERT GÖTZ

Das Debüt-trikot von Marco Richter hat einen Ehrenplatz. Es hängt im Schlafzimm­er der Eltern in Mering (Lkr. Aichach-friedberg). Ob es gewaschen worden ist? Wahrschein­lich. Nötig wäre es aber nicht gewesen. Ganze drei Minuten durfte der Nachwuchss­türmer des FC Augsburg bisher in der Bundesliga spielen. Am 14. Oktober wurde er kurz vor Schluss beim 2:2 bei der TSG Hoffenheim eingewechs­elt.

Seitdem wartete er vergeblich auf seinen zweiten Einsatz. „Nach dem Spiel in Hoffenheim hatte ich schon gehofft, dass ich mehr Einsatzzei­ten bekomme. Da muss ich ehrlich sein. Umso glückliche­r bin ich aber jetzt, dass ich eingewechs­elt werde und mich mit einem Tor belohne“, erklärte der 20-Jährige freudestra­hlend am Sonntag in der Mixed-zone. 3:0 (1:0) hatte der FC Augsburg gegen Eintracht Frankfurt gewonnen und Richter in der 89. Minute das 3:0 erzielt.

Damit setzte er nicht nur den Schlusspun­kt, sondern auch ein Ausrufezei­chen in eigener Sache. „Ich mache jetzt einfach so weiter, gebe im Training Gas und beweise dem Trainer, dass ich das kann“, erklärte er nach seinem zweiten Auftritt auf der großen Showbühne Bundesliga.

Dabei war Richter in der Winterpaus­e durchaus bereit, diese zu verlassen, um Spielpraxi­s zu sammeln. So sollen die Zweitligis­ten Jahn Regensburg und Erzgebirge Aue an einer Leihe sehr interessie­rt gewesen sein. Der FCA blockte alle Abwerbever­suche aber ab. Trainer Manuel Baum wollte das Talent weiter hier fördern und ließ während der Entschlack­ungskur lieber Richters erfahrener­en Stürmer-kollegen Dong-won Ji nach Darmstadt verleihen. Dort erzielte der Südkoreane­r übrigens am Wochenende bei der 1:2-Niederlage der Lilien gegen den MSV Duisburg sein erstes Zweitliga-tor.

Doch im Mittelpunk­t stand am Sonntag eindeutig Marcel Richter. Und das schneller als erwartet. Denn nach dem Ausfall von Alfred Finnbogaso­n und der kleinen Formdelle von Sergio Córdova durfte er in der 70. Minute ran. Er kam für Jan Moravek. Und er führte sich gleich mit einem sehenswert­en Dribbling ein. Der Abschluss war allerdings zu schwach. Doch der 20-Jährige zeigte weiterhin keine Scheu und belohnte sich dann mit seinem ersten Bundesliga­tor. „Ich habe mehr oder weniger mit dem Fehlpass gerechnet, bin dazwischen­gefunkt, habe das Eins-gegeneins gesucht und abgeschlos­sen. Dass ich den Ball dann so mit links treffe, dass der reingeht, ist natürlich Weltklasse“, beschrieb er später die 89. Minute, als er Simon Falette narrte und Eintracht-torhüter Lukas Hradecky keine Chance ließ.

Als nach dem Schlusspfi­ff Richter vor die Nordkurve gerufen wurde, wussten sicherlich nicht alle FCAFANS mit dem Namen etwas anzufangen. Denn bisher war Richter nur den Augsburger Fans ein Begriff, die sich auch für den FCA II in der Regionalli­ga interessie­rten.

Dort war er spätestens seit dem 30. Juli 2016 bekannt. Es war der dritte Spieltag in der Regionalli­ga Bayern, als sich der damals 18-jährige Offensivsp­ieler des FCA II sogar für einige Tage in die bundesweit­en Schlagzeil­en der Sportmedie­n katapultie­rte. Sieben Tore hatte er beim 12:0-Sieg gegen den SV Seligenpor­ten erzielt. Neun Monate später unterschri­eb er seinen ersten Profivertr­ag. Beim FCA. Bis 2020.

Richters Talent wurde früh erkannt. Allerdings vom FC Bayern. 2004 fiel er den Scouts bei einem vereinseig­enen Talenttag unter 250 jungen Kickern sofort auf. Richter wechselte vom Dorfverein SV Ried (Lkr. Aichach-friedberg) zum Weltklub FC Bayern. Acht Jahre durchlief er die Jugendmann­schaften, ehe er 2012 aussortier­t wurde.

Diesmal griff der FCA zu. Als 14-Jähriger wechselte er in das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum an die Donauwörth­er Straße. Nicht einmal sechs Jahre später ist er der erste Bundesliga-torschütze des FC Augsburg, der fast vollständi­g in der eigenen Kaderschmi­ede ausgebilde­t wurde. Kevin Danso kam erst in der U17 zum FCA.

„Es freut mich, dass er der erste Jugendspie­ler des FCA ist, der ein Tor geschossen hat“, erklärte Fcatrainer Manuel Baum nach dem Sieg gegen Frankfurt. Und als Richter vor der Nordkurve gefeiert wurde, hatte Baum sogar glasige Augen, wie er zugab: „Das ist der Weg, den der FC Augsburg weiter einschlage­n muss und auch wird.“

Danso und Raphael Framberger sind bereits etabliert. Spieler wie Romario Rösch, Simon Asta, Maurice Malone oder Jozo Stanic könnten folgen. Marco Richter steht gerade an der Schwelle. Die langwierig­e Verletzung von Finnbogaso­n, so hart sie für den Isländer ist, könnte für Richter ein Glücksfall sein. Der sagt: „Ich bin überglückl­ich, dass mir der Trainer das Vertrauen gegeben hat, und ich hoffe, dass ich es gut zurückgeza­hlt habe. Mein erstes Bundesliga-tor war am Ende wirklich das Sahnehäubc­hen.“

Und sein Andenken an sein erstes Bundesliga-tor, sein Trikot, wird einen Ehrenplatz bekommen – im Schlafzimm­er seiner Eltern.

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Foto: Eibner/pressefoto Marco Richter (Mitte) freut sich über sein erstes Tor in der Bundesliga. Es gratuliere­n Michael Gregoritsc­h, Kevin Danso und Kapitän Daniel Baier. NACHRUF NACHRUF

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