Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie soll es mit Handys an Schulen laufen?

Debatte Die Politik überlegt, das Verbot zu lockern. Wie es heute in der Praxis gehandhabt wird und welche Vorstellun­gen und Erwartunge­n Pädagogen und ein Schülerver­treter an eine neue Regelung haben

- VON TANJA FERRARI

Aus unserem Alltag sind Smartphone­s schon lange nicht mehr wegzudenke­n. Von Bayerns Schulgelän­den wurden sie allerdings vor elf Jahren verbannt. Diese Regelung gilt bis heute. Eltern- und Lehrerverb­ände zweifeln aber nun immer mehr, ob ein solches Verbot noch zeitgemäß ist. Die CSU im Bayerische­n Landtag will das Verbot jetzt lockern. Noch ist offen, wie eine künftige Regelung aussehen wird. Die Ankündigun­g aus München sorgt auch an Augsburgs Schulen für lebhafte Diskussion­en.

Angelika Bayer, Schulleite­rin der Gesamtschu­le Kapellensc­hule in Oberhausen, steht einer Lockerung des Handyverbo­ts eher kritisch gegenüber. An der Kapellensc­hule seien Handys im Unterricht und auf dem Schulgelän­de tabu, sagt sie. Nur mit Erlaubnis eines Lehrers dürften sie in Ausnahmefä­llen benutzt werden. Ist das Verlangen der Schüler nach dem Smartphone aber doch einmal zu groß, hat das Konsequenz­en. „Das Handy wird abgenommen und der Schüler wird es erst nach Schulschlu­ss wiedersehe­n“, informiert die Schulleite­rin.

Angelika Bayer sagt, dass speziell jüngere Schüler nicht adäquat mit ihren Handys umgehen könnten. Besonders problemati­sch sei dies vor allem dann, wenn private Konflikte der Schüler mit auf das Schulgelän­de genommen werden. Die Schulleite­rin meint dazu: „Sind Filmchen erst einmal gedreht oder Beleidigun­gen im Chat verschickt, ist die Schule machtlos und kann nicht mehr viel ausrichten.“Auch eine mögliche Suchtgefah­r, die Smartphone­s mit sich bringen könnten, dürfe nicht außer Acht gelassen werden. Angelika Bayer berichtet, dass nach ihrem Kenntnisst­and nur ein Schüler der Kapellensc­hule kein Handy besitze. Sie sagt: „Er möchte nicht davon abhängig und ständig erreichbar sein.“

Die Erfahrung zeigt aber nicht nur an der Kapellensc­hule, dass für Schüler der Schulallta­g ohne Handy schnell zur Qual werden kann. Ein Handyverbo­t kann aber auch mal kurzfristi­g aufgehoben werden. Zum Beispiel können Gesamtschü­ler in der Mittagspau­se auch mit ihrem Handy auf dem Schulgelän­de Musik hören.

Anders sieht die Gesamtsitu­ation an der Heinrich-von-buz-realschule aus, die ebenfalls in Oberhausen liegt. „Prinzipiel­l orientiere­n wir uns an den Spielregel­n des bayerische­n Erziehungs- und Unterricht­sgesetzes. Handys sind im Unterricht und auf dem Schulgelän­de verboten“, informiert Schulleite­r Reiner Wendlinger.

Bei einem Verstoß gegen das Verbot werde der Schüler zunächst verwarnt. Bei regelmäßig­em Missachten der Regelung könne das Handy bis Unterricht­sende einbehalte­n und die Eltern informiert werden, sagt Wendlinger. Als letztes Mittel bei wiederholt­em Auftreten schließt der Schulleite­r auch einen Verweis nicht aus.

Allerdings haben Handys auch ihren Platz in der Heinrich-vonbuz-realschule. „Nach Abstimmung mit dem Lehrer dürfen diese zu Recherchez­wecken sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden“, sagt er. Nach dem Motto „bring your own device“, erlaube es die Realschule den Schülern, mit ihren eigenen Mobiltelef­onen zu arbeiten, so Wendlinger. Unter „bring your own device“ist zu verstehen, dass die Schüler ihre persönlich­en Geräte, beispielsw­eise Handy, Laptop oder Tablet, aktiv im Unterricht nutzen dürfen. Ein solcher Ansatz biete vieviele le Möglichkei­ten für den Unterricht und unterstütz­e individual­isiertes Lernen, findet Wendlinger.

Der Schulleite­r vergisst bei aller Aufgeschlo­ssenheit aber auch nicht die Gefahren von Mobiltelef­onen im Schulallta­g. „Besonders bei Konflikten oder der Diskrediti­erung einzelner Schüler sinkt die Toleranzsc­hwelle erheblich, wenn Mobiltelef­one oder soziale Medien im Spiel sind“, sagt Schulleite­r Wendlinger. Deshalb spricht sich der Pädagoge für einen sinnvollen Einsatz von Handys aus: „Ziel sollte es sein, den Schülern die Augen zu öffnen und ihnen so einen verantwort­ungsvollen Umgang zu ermögliche­n.“

Auch Jamal Fischer, Mitglied der Stadtschül­ervertretu­ng Augsburg, sieht in der Lockerung des Handyverbo­ts viele Chancen. Am Jakobauch Fugger-gymnasium in Augsburg dürften speziell Oberstufen­schüler im Pausenraum ihr Handy benutzen, informiert der 17-Jährige: „Für den Unterricht hat das Smartphone auch viele Vorteile.“Nicht nur Fachbegrif­fe könnten schnell recherchie­rt werden, auch die Hausaufgab­en seien rasch im Kalender gespeicher­t und würden so seltener vergessen, so Fischer.

Für ausländisc­he Schüler, die noch ihre Schwierigk­eiten mit der deutschen Sprache hätten, könne das Smartphone auch sehr nützlich sein. Handys komplett vom Schulgelän­de zu verbannen, sei aus seiner Sicht keine Lösung: „Verbote sind mitunter auch dazu da, um sie zu brechen. Deshalb ist es sinnvoller, den Umgang mit dem Smartphone frühzeitig zu lernen.“

 ?? Foto: Sebastian Kahnert/dpa ?? Die CSU im Bayerische­n Landtag will das Handyverbo­t an den Schulen lockern. Bislang gibt es überwiegen­d strikte Verbote – an manchen Schulen wird das eigene Handy aber auch in den Unterricht mit eingebunde­n.
Foto: Sebastian Kahnert/dpa Die CSU im Bayerische­n Landtag will das Handyverbo­t an den Schulen lockern. Bislang gibt es überwiegen­d strikte Verbote – an manchen Schulen wird das eigene Handy aber auch in den Unterricht mit eingebunde­n.

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