Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Protest gegen Wohnblocks neben Klinik Campus
Immobilien Die Stadt Neusäß plant in Steppach ein großes Areal zur Wohnbebauung. Anwohner befürchten hohe Mehrfamilienhäuser und mehr Verkehr. Warum sie ihre Hoffnung auf einen neuen Vorschlag aus der Stadtmitte setzen
Neusäß Die Nähe zu Augsburg und die Lage im Schmuttertal machen Neusäß schon lange zur beliebten Wohnlage. Doch die Nachfrage nach Immobilien in der Stadt mit dem Werbeslogan „Mitten im Schönen“steigt – nicht zuletzt durch die Uniklinik in der Nachbarschaft. Die Linie in der Neusässer Stadtpolitik ist abgesteckt: Die Stadträte sind anders als etwa in Gersthofen bei der Ausweisung von Neubaugebieten zurückhaltend, sie wollen lieber Baulücken schließen und am Ortsrand abrunden. Ein neues großes Wohngebiet in Steppach wird jedoch ins Auge gefasst. Genau das ist jetzt Anlass für Zündstoff.
Ausgelöst wurde die Diskussion mit den Bürgern durch den Entwurf für den Flächennutzungsplan – das Werk, das festlegt, wo im Stadtgebiet in den nächsten 20 Jahren gebaut werden darf. Um dem Bedarf nach Wohnraum gerecht zu werden, ist darin ein größeres Wohngebiet „Am Sonnenhang“in Steppach eingezeichnet. Auf dem heute landwirtschaftlich genutzten Areal an Stadtgrenze von Augsburg wird ein Wohngebiet mit einer Größe von rund zwölf Fußballfeldern geplant. Etwa ein Drittel davon war als Baugebiet schon bekannt. Neu hinzu kommen 5,21 Hektar „durchgrünte Wohnbaufläche“in der Nähe des Klinikums. In dem Plan ist bisher „von einem langsamen Übergang von der bestehenden Villenbebauung
Langsamer Übergang zur dichten Bebauung?
im Westen zum dichter bebauten Osten und zum vier- bis sechgeschossigen Klinikviertel“die Rede.
Die Anwohner, die bisher auf das freie Feld geblickt haben, laufen Sturm. Unterschriftenlisten wurden an Bürgermeister Richard Greiner übergeben. Die Bürgerinitiative befürchtet ein Zusammenwachsen von Steppach und Klinik-campus. Sorgen bereitet den Anwohnern auch, dass in dem bisher von Einfamilienhäusern dominierten Stadtgebiet höhere Mehrfamilienhäuser gebaut werden könnten und der Durchgangsverkehr stark zunimmt.
Der Neusässer Bürgermeister be- tont, dass im Flächennutzungsplan lediglich Gebiete festgelegt werden, die in Zukunft bebaut werden dürfen. Über die Art und Höhe der Gebäude sei darin noch gar nichts gesagt. Diese würden erst im Bebauungsplan festgelegt. Auch der werde der Öffentlichkeit vorgelegt.
Eine Lösung ihrer Probleme erhoffen sich die Steppacher jetzt durch einen neuen Vorschlag, der aus der Stadtmitte von Neusäß kommt. Eine Interessensgemeinschaft aus 50 Grundstücks- und Immobilieneigentümern fordert die Umwandlung des Gewerbegebiets Alt-neusäß in ein Misch- bzw. Wohngebiet. Auch sie sind mit einer Unterschriftenliste an die Stadtverwaltung herangetreten. Das Gewerbegebiet wird von Lohwald-, Gutenbergund Siemensstraße einge- grenzt und liegt gegenüber dem Schmutterpark. Edwin Ferhadbegovic, Geschäftsführer der Firma RS Anlagenbau und Sprecher der Interessengemeinschaft, betont: „Das Gewerbegebiet ist nicht mehr zeitgemäß.“Die Straßen seien zu eng und für große Lastwagen und Sondertransporte nur schwierig beziehungsweise gar nicht mehr nutzder bar. Hinzu komme, dass das Gewerbegebiet mittlerweile zu knapp 30 Prozent aus privat genutzten Wohnhäusern bestehe. Viele ehemalige Betriebe und von Unternehmen erstellte Mietshäuser seien verkauft oder an Nachfolger übergeben worden, erklärt Ferhadbegovic. Die Interessengemeinschaft betont, dass Wohnbebauung auf ihren Flächen „erstrebens- und wünschenswert“sei. Ferhadbegovic: „Wir sind hier im Herzen von Neusäß, nur 200 Meter vom Rathaus entfernt.“Viele Unternehmer seien auch bereit, auf freie Flächen vor den Stadttoren auszuweichen und umzusiedeln, beispielsweise in den Norden Stadt an der Umgehung.
Zustimmung für diese Idee kommt aus Steppach. Nach Ansicht des Sprechers der Bürgerinitiative, Harald Gulden, wäre die Umwidmung des Gewerbegebiets eine gute Sache. „Das voll erschlossene Gebiet mitten in der Stadt ist die Lösung aller Probleme.“
Die Bürgerinitiative will weiter an diesem Vorschlag dranbleiben und veranstaltet am 21. Februar einen Info-abend in Steppach. Dazu eingeladen sind auch Bürgermeister und Stadträte: Denn die Fraktionen hatten sich einmütig für die Bebauung „Am Sonnenhang“gegenüber dem Klinikum ausgesprochen. Bei den Haushaltsreden sprach Spdstadträtin Hildegard Langenecker davon, dass die Bürgerproteste von „persönlicher Betroffenheit, aber nicht von Weitsicht“geprägt seien und appellierte an die Geschlossenheit im Gremium. Sie bekam dafür Applaus aus den anderen Reihen. Ende Februar will sich der Stadtrat nach der öffentlichen Auslegung und den Reaktionen der Bürger neu mit dem Flächennutzungsplan befassen. »Kommentar der