Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn der Aufschwung zum Problem wird

Handwerk Die Auftragsbü­cher der Unternehme­n sind voll. Teils zu voll. Das hat Konsequenz­en

- VON ANDREA WENZEL

Von den Wirtschaft­skammern hört man nur Positives: Die überwiegen­de Mehrzahl der Unternehme­n ist mit der aktuellen Lage zufrieden und blickt ebenso optimistis­ch in die Zukunft. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Bauwirtsch­aft in Augsburg beispielsw­eise steuert auf einen immer größeren Fachkräfte­engpass zu. 47 Stellen in der Branche waren hier im vergangene­n Jahr durchschni­ttlich länger als drei Monate unbesetzt – 14 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Die IG Bau beruft sich bei den Zahlen auf eine Sonderausw­ertung der Bundesagen­tur für Arbeit. Insgesamt waren in Augsburg demnach im Jahresmitt­el 85 offene Bauarbeite­r-jobs gemeldet. „Während die Baukonjunk­tur so gut dasteht wie zuletzt Ende der 1990er-jahre finden heimische Unternehme­n oft keine Fachleute mehr“, sagt Michael Jäger. Der Bezirksvor­sitzende der IG Bau Schwaben nennt den Trend ein „Alarmsigna­l“. Vom Zimmerer bis zum Estrichleg­er fehlten in der Region Spezialist­en in nahezu allen Bausparten. Das hat Folgen. „Die Mitarbeite­r die wir haben, sind mehr als ausgelaste­t, es fallen viele Überstunde­n an. Kunden müssen bei der Ausführung ihrer Aufträge teils mit größeren zeitlichen Verzögerun­gen rechnen. Manchmal können wir einen Auftrag auch gar nicht mehr annehmen“, erzählt ein Unternehme­r, der anonym bleiben will, um dem Ruf seines Unternehme­ns nicht zu schaden.

Jäger sieht in der Problemati­k einen doppelten Grund: „Einerseits haben viele Firmen trotz anziehende­r Auftragsla­ge ihre Personalde­cke in den letzten Jahren nicht ausreichen­d aufgestock­t. Anderersei­ts hat der Bau mit einem großen Nachwuchsp­roblem zu kämpfen. Zwar verdienen Azubis hier mehr als in allen anderen Branchen – doch immer mehr Schulabgän­ger zieht es an die Uni.“

Zu viele junge Menschen wollen studieren

Bei der Handwerksk­ammer für Schwaben ist das Problem bekannt. „Bei der Nachwuchsg­ewinnung setzen wir alles daran, Jugendlich­e für das Handwerk zu begeistern und bestehende­n Vorurteile­n entgegenzu­wirken“, sagt Ulrich Wagner, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer für Schwaben (HWK). Ebenso müssten die Chancen durch eine gewerblich­e Ausbildung noch klarer hervorgeho­ben werden. Die HWK wie auch die Industrieu­nd Handelskam­mer versuchen daher, gegenzuste­uern und mit verschiede­nen Kampagnen für die Ausbildung zu werben.

Doch nicht nur der Mangel an Personal treibt Wagner um. Er richtet den Blick auch wirtschaft­lich in die Zukunft. „Derzeit ist es so, dass wir mit mehr Personal sogar noch mehr Wachstum generieren könnten. Doch es wird nicht ewig bei dieser Hochkonjun­ktur bleiben.“Dies müssten die Unternehme­n im Blick behalten und sich flexibel aufstellen, so Wagner.

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Foto: IG Bau Auf dem Bau fehlen Fachkräfte.

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