Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mäx, die Superspürn­ase

Wissenscha­ft Der Hund kann riechen, ob ein Baum von Pilz befallen ist. Und hat damit einen verantwort­ungsvollen Job

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Konnersreu­th Mäx ist Profischnü­ffler – der Hund erkennt am Geruch, ob Bäume von Pilz befallen sind. Aufgeregt läuft er eine Allee entlang, wieselt schwanzwed­elnd um jeden einzelnen Stamm herum. An einem Baum kratzt er aufgeregt an der Rinde und setzt sich. Für sein Herrchen ist das das Zeichen: Der Baum ist befallen. Edgar Wenisch packt eine Tube mit Leberwurst­creme aus der Jackentasc­he und lässt Mäx daran schlecken. Bei gesunden Bäumen macht der Hund etwas entfernt Platz. Das heißt: Alles okay. Und wieder gibt es für den Vierbeiner eine Belohnung.

Der Oberpfälze­r Edgar Wenisch ist Baum-sachverstä­ndiger – und Mäx sein treuer Geselle. Nein, für Edgar Wenisch ist Mäx mehr als ein treuer Geselle: „Er ist mein bester Freund.“Vor zwei Jahren hat der Hund – ein Kleiner Münsterlän­der – die Prüfung zum Gehölz-pathogensp­ürhund abgelegt. Die Ausbildung dauerte eineinhalb Jahre und fand im niedersäch­sischen Gorleben statt. Mehrmals reisten Wenisch und Mäx zu Blocksemin­aren ans andere Ende der Republik. Sonst trainierte­n sie daheim in Konnersreu­th (Kreis Tirschenre­uth). Hier hat Wenisch sein Büro, von hier aus ist er vor allem im deutschspr­achigen Raum, aber auch europaweit unterwegs, um Bäume zu prüfen. Wenisch ist sichtbar stolz auf seinen Hund, der sich im Büro unter dem Schreibtis­ch ausstreckt oder den Besuchern zutraulich seinen Kopf auf die Knie legt.

Mäx suche nach den 30 aggressivs­ten Baumpilzar­ten, erzählt Wenisch. Zu jeder hat der Experte ein Glas mit einer Geruchspro­be im Auto. Vor einem Einsatz lässt er Mäx an dem Glas des jeweiligen Pilzes riechen, nach dem er suchen soll. Dann geht es los. „Der Hund täuscht sich nie.“Laut Ausbilderi­n Dana Schneider sind im Grunde alle Hunderasse­n als Gehölz-pathogensp­ürhund geeignet. Jagdhunde ließen sich aber besonders gut dafür trainieren, sagt sie.

Gefragt sind die Dienste von Wenisch und Mäx unter anderem von Gerichten, Kommunen und Privatleut­en. In vielen Fällen geht es um Haftungsfr­agen. Wenn beispielsw­eise ein schwerer Ast auf ein Auto fällt, dann erstellt Wenisch ein Gutachten, ob der Baumbesitz­er das vorher hätte merken müssen und das Unglück zu verhindern gewesen wäre. Oder er testet im Auftrag einer Kommune Bäume an einer Allee oder in einem Park, ob sie noch standsiche­r sind. Christophe­r Busch, Fachagrarw­irt für Baumsanier­ung beim BUND Naturschut­z in Nürnberg, kennt die Problemati­k. Er berät Eigentümer von Bäumen. Sie seien verantwort­lich dafür, dass von ihrem Baum keine Gefahr für Dritte ausgeht. Wenn ein Privatmann seinen Baum einmal im Jahr in Augenschei­n nimmt, feststellt, dass er vital aussieht und kein Totholz hat, das notiert und abheftet, dann hat er der Verkehrssi­cherungspf­licht zunächst Genüge getan – so bringt es Busch auf den Punkt.

Zeige ein Baum Auffälligk­eiten, empfehle es sich, einen Experten hinzuzuzie­hen. Und genau das sei nicht ganz einfach. Nicht jeder Waldarbeit­er sei zugleich ein Experte für Bäume im städtische­n Raum, sagt Busch. Straßen, Häuser, Streusalz – Bäume in Städten müssten sich an völlig andere Lebensumst­ände anpassen als solche im Wald. Ein Laie würde einen Baum meist früher fällen lassen als ein Fachmann. Denn auch mit einem Pilz könne ein Baum unter Umständen noch viele Jahre stehen bleiben. Das sagt auch der Sachverstä­ndige Wenisch. Ein Baum könne sich gegen einen Pilz wehren.

Was er sich jedoch nicht aussuchen könne, sei sein Standort. „So mancher Baum würde wohl weglaufen, wenn er es könnte“, sagt Wenisch. Wenn sein Hund an einem Baum einen Pilz feststellt, unternimmt er zunächst weitere Tests wie eine Schalltomo­grafie oder einen Zugversuch, bei dem mit Gurten die Standsiche­rheit des Baumes überprüft wird.

Wenisch ist Forstwirts­chaftsmeis­ter und öffentlich bestellter Sachverstä­ndiger für Baumpflege und Verkehrssi­cherheit von Bäumen. Unterstütz­t wird er von Mäx. Wenn dieser an einem Baum schnüffle, „sieht man, wie in ihm alles rattert. Ich sage oft Professor Mäx zu ihm.“Der Vierbeiner nimmt den Job sehr ernst – aber nur, weil er danach eine Belohnung bekommt. Mäx interessie­re sich weder für den Baum noch für den Pilz, sagt Wenisch. „Ihm geht’s nur um die Leberwurst­creme.“

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Foto: Armin Weigel, dpa Professor Mäx in Aktion: Der Hund er kennt sofort, wenn ein Baum von einem Pilz befallen ist.

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