Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Spiele sind mehr als Sport
Eine Kulturgeschichte von Winter-olympia
Klingt ja immer so wissenschaftlich nüchtern und so leblos historisch, wenn ein Buch als „eine Kulturgeschichte“daherkommt. Gibt es auch längst von allem: von der Welt und dem Menschen, Deutschland und der deutschen Küche, von der Physik und dem Exorzismus, von der Neuzeit und den Seuchen. Und nun, passend zu Olympia in Pyeongchang, eben auch die Kulturgeschichte der Winterspiele – nachdem der gleiche Autor vor zwei Jahren eine zu den Sommerspielen vorgelegt hat. Wie spannend …
Ja, tatsächlich! Denn eben jener Autor, der Grazer Germanist Klaus Zeyringer, versteht es, Zeitzeugnisse zu Reportagen zu beleben und daraus wiederum eine Erzählung eines Jahrhunderts zu formen. Von 1924 in Chamonix, als die Deutschen nicht dabei sind, denn Gastgeber Frankreich macht Druck wegen ausstehender Reparationszahlungen; und während in Berlin das Kilo Brot 223 Milliarden Reichsmark kostet, beklagt sich der Reporter der dass Olympia ihm „kein vergnügliches Leben“beschere … Bis nach Sotschi 2014, wo nach systematischem Doping und politischer Instrumentalisierung klar wurde: „Die Zeiten der olympischen Wintermärchen sind endgültig vorbei.“Aber dazwischen gibt es auch die Nazis in Garmisch, Heldengeschichten wie die von Toni Sailer oder Rosi Mittermaier, das Problem der Schneeknappheit vor dem Kunstschnee, der Eislaufkrieg Harding gegen Kerrigan, aberwitzige Disziplinen …
S. Fischer, 448 S., 25 ¤