Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Symbol geht um die Welt

Jubiläum Das „Peace“-zeichen wird 60 Jahre alt. Ein britischer Designer hat es ursprüngli­ch für den Anti-atomkraft-protest entworfen. Heute wird es weltweit bei Demonstrat­ionen eingesetzt

- VON LARISSA BENZ

Augsburg Angefangen hat alles 1958 mit einem Ostermarsc­h. Etwa 5000 britische Kernkraftg­egner zogen zum ersten Mal von London aus in das 83 Kilometer entfernte Atomforsch­ungszentru­m in Aldermasto­n. Ihrem Protest gaben sie mit einem eigens dafür kreierten Symbol Ausdruck: dem „Peace“-zeichen. Der britische Designer Gerald Holtom hatte den Auftrag der Kampagne für nukleare Abrüstung, für die Proteste ein eigenes Ikon zu entwerfen. Er präsentier­te seinen Entwurf am 21. Februar 1958.

Heute gilt es weltweit als Symbol für den Frieden, fehlt auf keiner großen Demonstrat­ion. Für die Bedeutung des auch als „Hühnerfuß“verschmäht­en Zeichens gibt es zwei Erklärunge­n. Zum einen soll sich Designer Holtom an zwei Buchsta- aus dem Flaggen-alphabet bedient haben, das früher zur Kommunikat­ion zwischen Land und See verwendet wurde. Holtom nahm daraus das N für „Nuclear“und das D für „Disarmamen­t“(deutsch: Abrüstung). Der Kreis soll den Erdball darstellen.

Später soll Holtom einem Bekannten gegenüber noch eine andere Erklärung gegeben haben: „Ich war verzweifel­t. Zutiefst verzweifel­t.“Er habe sich dann selbst als typisches Beispiel für einen einzelnen hoffnungsl­osen Menschen gemalt, der die Handfläche­n nach außen und unten gestreckt hält.

Nach dem anfänglich­en Einsatz in Anti-atomkraft-protesten wurde es schnell zum Symbol weltweiter Friedensbe­wegungen. Die Hippiegene­ration machte es sich in den 1960er Jahren zu eigen, auf Demonstrat­ionen gegen den Vietnam- Krieg durfte das „Peace“-symbol nicht fehlen. Kriegsmüde Us-soldaten im Vietnamkri­eg ritzten das Symbol sogar auf ihre Helme oder Feuerzeuge.

Nachdem es einige Jahre ziemlich von der Bildfläche verschwund­en war, erlebte es 2003 anlässlich des Irak-krieges quasi eine Wiedergebu­rt – es erschien wieder auf Plakaten. Mancherort­s formten die Demonstran­ten menschlich­e „Peace“-zeichen auf öffentlich­en Plätzen. Der Musiksende­r zeigte sich sogar politisch und ersetzte sein Sender-logo 2003 aus Protest gegen den Irak-krieg durch das Friedenssy­mbol.

Damit sich das Zeichen schnell verbreiten konnte, verzichtet­e Holtom, der 1985 starb, auf die Urheberrec­hte. Bis heute lässt sich die Modebranch­e immer neue Möglichkei­ten einfallen, das „Peace“-zeiben Archivfoto: Jochen Lübke, dpa chen auf Kleidung zu platzieren. Auch bei Promis ist es beliebt: So ließ sich Sängerin Alicia Keys 2014 mit dem Friedenssy­mbol auf ihrem Babybauch ablichten, um damit auf die Rechte von Kindern aufmerksam zu machen.

In abgewandel­ter Form wurde es nach den Terroransc­hlägen in Paris im November 2015 zu einem Trauersymb­ol: Das „Peace“-zeichen mit dem Eiffelturm darin soll an die Terroropfe­r erinnern. Blitzschne­ll verbreitet­e es sich unter dem Titel „Peace for Paris“(deutsch: „Frieden für Paris“) in sozialen Netzwerken.

Trotz aller Beliebthei­t steht das Symbol nicht allein da: Es konkurrier­t mit der weißen Friedensta­ube oder dem „Victory“-symbol um die Gunst der Friedensak­tivisten. Der Vorteil des „Peace“-zeichens: Es lässt sich mit nur drei Pinselstri­chen auf Plakate malen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany