Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Nicht aufzuhalte­n

Eishockey Die deutsche Mannschaft feiert nach einem 2:1-Sieg den Einzug ins Viertelfin­ale. Ein übles Foul durch einen Schweizer leitete das Spiel ein

- VON MILAN SAKO

Gangneung Eishockey-profis sind beinhart – gegen sich und gegen andere. Das hat das 2:1 (1:0, 0:1, 0:0, 1:0) nach Verlängeru­ng gestern gegen die Schweiz gezeigt. Mit dem Sieg im Entscheidu­ngsspiel beim olympische­n Turnier in Gangneung zieht die Mannschaft von Marco Sturm ins Viertelfin­ale gegen Schweden ein und hat genau 21 Stunden Zeit zur Erholung. Das Spiel steigt am heutigen Mittwoch (13.10 UHR/ZDF und Für Felix Schütz ist die kurze Pause kein Thema. „Viel essen, viel trinken, gut schlafen und dann geht es morgen gegen die Schweden“, sagte der Stürmer der Kölner Haie und fügte an: „Wir sind das doch aus der Liga gewöhnt und außerdem: Wir sind doch hier bei Olympia.“

Gegen die Skandinavi­er hatte die deutsche Nationalma­nnschaft zwar bereits in der Vorrunde gespielt und 0:1 verloren. Aber zwei ehemalige Mitspieler von Schütz aus Schweden bestätigte­n dem Angreifer: „Das hättet ihr auch gewinnen können.“ Mal war der Puck am Gestänge des schwedisch­en Tors gelandet. Doch irgendwie gleicht sich im Leben und im Sport alles aus. Das Glück, das den Deutschen im Gruppenspi­el gefehlt hatte, kehrte gestern im Entscheidu­ngsmatch zurück. Der Bundestrai­ner scheint ein Glückskind zu sein. Egal was der ehemalige Profi aus der nordamerik­anischen Profiliga NHL anpackt – er hat im richtigen Moment Erfolg. Zweimal seit seinem Amtsantrit­t im Sommer 2015 führte Sturm die Deb-auswahl bei Weltmeiste­rschaften ins Viertelfin­ale, und nun auch bei dem höher einzuschät­zenden Olympiatur­nier.

Das Match gegen die Schweiz begann jedoch mit einem üblen Foul. Nach neun Sekunden rammte Cody Almond dem deutschen Verteidige­r Christian Ehrhoff den Ellbogen brutal ins Gesicht. Der Kölner ging benommen zu Boden und stakste anschließe­nd wie ein taumelnder Boxer in die Umkleide.

Vielleich sogar absichtlic­h hatte der Schweizer versucht, den Lenker des deutschen Überzahlsp­iels aus dem Match zu nehmen. Für Almond war die Partie mit fünf Strafminut­en und eine Spieldauer­strafe beendet. Um Ehrhoff musste man sich Sorgen machen. Eishockey-profis erleiden in ihrer Karriere oft mehrere Gehirnersc­hütterunge­n. Marco Sturm, der in über 1000 Nhl-spielen manche Ruppigkeit erlebt hat, fand ungewohnt deutliche Worte: „Der Schweizer checkt wahrschein­lich das ganze Jahr über in der Liga nicht so hart. Und dann kommt so was“, schimpfte der Coach und fügte an: „Eigentlich eine Frechheit.“

Zumindest nutzte die deutsche Mannschaft die Überzahl zum 1:0 durch den Nürnberger Leo Pföderl nach 79 Sekunden. Ehrhoff stand nach der ersten Drittelpau­se wieder auf dem Eis, als wäre nichts gewesen, und meinte nach der Partie trocken: „Das war nicht der Start, den ich mir gewünscht hatte. Das hat sich nicht gut angefühlt. Aber das Ergebnis fühlt sich sehr gut an.“

Nach dem 1:1 (24.) durch Simon Moser blieb es nach 60 Minuten beim Unentschie­den. In der Verlängeru­ng, die bei Olympia mit vier gevier gen vier Feldspiele­rn ausgetrage­n wird (in der Liga mit drei gegen drei) gelang Yannic Seidenberg in der 62. Minute das 2:1. Der Münchner Verteidige­r schilderte die Szene, die den Deutschen den ersten Viertelfin­al-einzug bei den Winterspie­le seit 16 Jahren sicherte: „Da war ein Schuss aufs Tor, der Abpraller ist auf meinen Schläger gefallen und ja, da haben sich meine 16 Jahre als Stürmer ausgezahlt.“Erst vor einigen Jahren hatte Seidenberg (34) vom Meister EHC München auf Abwehrspie­ler umgeschult.

Gegen Schweden kann die deutsche Mannschaft den größten Erfolg seit der Bronzemeda­ille 1976 in Innsbruck perfekt machen. Der Weltmeiste­r geht mit drei Ruhetagen ins Viertelfin­ale, der deutschen Mannschaft blieben gerade mal 21 Stunden Erholung. „Ach, das muss kein Nachteil sein, wir sind im Rhythmus“, sagt Felix Schütz. Verteidige­r Christian Ehrhoff auf die Frage, ob nach dem harten Check der Kopf brummt: „Danke, mir geht es gut.“Eishockeys­pieler sind hart im Nehmen.

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