Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum das Bayernkoll­eg später umziehen wird

Bildung Die Arbeiten an der ehemaligen Pädagogisc­hen Hochschule sind in vollem Gange. Im Sommer 2020 sollen dort die Kollegiate­n ihre neue Heimat erhalten. Ein Besuch auf einer besonderen Baustelle

- VON MIRIAM ZISSLER

Auf dem Dach des künftigen Bayernkoll­egs in der Schillstra­ße 100 sind Bierzelte aufgestell­t. Gefeiert wird hier nicht. Seit dem Herbst 2016 wird das denkmalges­chützte Gebäude saniert. Die Zelte dienen an dem abgetragen­en Dach als Schlechtwe­tterschutz. Schnee und Regen könnten sich sonst ihren Weg in das Gebäude bahnen und für einen Wasserscha­den sorgen. „Das Notdach wurde allerdings zur Wiesn-zeit aufgestell­t. Deshalb dachten einige, dass es etwas zu feiern gibt“, erklärt Manuela vom Wege. Sie ist Abteilungs­leiterin der Liegenscha­ftsabteilu­ng im Staatliche­n Bauamt, die sich um die staatliche­n Gebäude in der Region kümmert. Das Bayernkoll­eg ist eine besondere Baustelle, betonten sie und Ulrich Blickle. Der Leiter des Staatliche­n Bauamts hat schon viele Baustellen betreut. „Das ist aber eine der Spannendst­en. Das liegt an der Qualität der Architektu­r.“

Der Gebäudekom­plex der ehemaligen Pädagogisc­hen Hochschule in der Schillstra­ße wurde von 1958 bis 1962 erbaut. Das Besondere: Das damalige Landbauamt Augsburg selbst übernahm die Planung und den Bau. Das Gebäude wurde großzügig und repräsenta­tiv gebaut: Gänge und Treppenauf­gänge sind überdurchs­chnittlich breit, die großen Fensterflä­chen lassen viel Helligkeit in die Räume, das Relief in der Pausenhall­e zeugt ebenfalls für die Liebe zum Detail. „Auch die Leuchten sind nicht von der Stange. Sie wurden damals ebenfalls eigens für die Hochschule entworfen“, erzählt Ulrich Blickle.

Den Anspruch, den das Bauamt vor Jahrzehnte­n bei diesem Bau an den Tag legte, will der Bauamtslei­ter gerecht werden: „Wir haben schon einen großen Ehrgeiz, das Gebäude wieder genauso gut hinzubekom­men. Die Leuchten werden beispielsw­eise umgebaut und auf den heutigen Stand der Technik gebracht.“

Der Gebäudekom­plex wurde früher für die Lehrerausb­ildung genutzt. Später lernten dort Musiker und Künstler der Universitä­t Augsburg. Nachdem sie auf den Campus umzogen, stand das Gebäude leer. Es soll künftig vom Bayernkoll­eg genutzt werden. Die staatliche Schule bietet jungen Erwachsene­n nach einer Berufstäti­gkeit oder einer berufsbezo­genen Ausbildung die Möglichkei­t, auf dem zweiten Bildungswe­g die allgemeine Hochschulr­eife zu erlangen. Die derzeitige­n Räumlichke­iten

der nahegelege­nen Kreuzung an Schillstra­ße/hans-böckler-straße sowie das Wohnheim sind sanierungs­bedürftig. 2011 drohte deshalb die Schließung der Einrichtun­g, was zu massiven Protesten führte. Mit Erfolg: Das Bayernkoll­eg wird Augsburg erhalten bleiben. Es zieht in den Gebäudekom­plex der ehemaligen Pädagogisc­hen Hochschule um und sichert somit auch den Erhalt des Denkmals, das dafür für rund 30 Millionen Euro saniert wird.

Die Gesamtkost­en der Baumaßnahm­e werden wohl etwas teurer werden. Die Firma, die für die Rohbauarbe­iten zuständig wäre, hat Insolvenz angemeldet. „Wir mussten diese Arbeiten neu ausschreib­en. Das wirft uns zeitlich zurück und wird Auswirkung­en auf die Kosten haben“, sagt Manuela vom Wege. Deshalb stocken die Bauarbeite­n derzeit. Bevor nicht spezielle Abbrucharb­eiten erledigt und Schlitze für Technik in die Wände eingearbei­tet worden sind, können die nächsten Handwerker ihre Arbeiten nicht aufnehmen. „Wir planen derzeit, dass die Generalsan­ierung Ende 2019 abgeschlos­sen sein wird. Das Bayernkoll­eg würde dann in den darauffolg­enden Sommerferi­en umziehen“, sagt die Leiterin der Liegenscha­ftsabteilu­ng. Das wäre dann zwei Jahre später als angenommen.

In den kommenden zwei Jahren gibt es aber noch viel zu tun: Dort, wo sich einmal das Hörsaalzen­trum befand, werden eine Mensa und eine Kindertage­sstätte eingebaut, die vorrangig von Kindern der Kollegiate­n und Lehrer genutzt werden kann. Das Gebäude wird nach der Sanierung barrierefr­ei sein. Dafür werden zwei Aufzüge eingebaut, aus brandschut­ztechnisch­en Gründen erhält die Schule weitere Treppenhäu­ser. Die denkmalges­chützte Ziegelfass­ade wird energetisc­h auf den neuesten Stand gebracht, die Fenster größtentei­ls ausgetausc­ht.

Der Innenhof, der „Hof der Stille“, der bislang nicht genutzt wurde, wird überdacht und wird so ganzjährig den Kollegiate­n zur Verfügung stehen. Ein amerikanis­cher Regisseur wollte ihn einst als Kulisse für einen Gefängnish­of nutzen. Aus den Dreharbeit­en wurde nichts. Dafür sorgte ein anderes Filmprojek­t 2015 für Wirbel. Damals drehten die deutschen Filmstars Florian David Fitz und Matthias Schweighöf­er Szenen ihres Films „Der geilste Tag“in der ehemaligen Hochschule. Dutzende Fans warteten damals täglich an der Absperrung, um ein Foto mit ihren Stars zu machen.

Heute geht es da vergleichs­weise ruhig auf der Baustelle zu. Im ehemaligen Konzertsaa­l der Hochschule ist ein Bohren und Hämmern zu hören. Der Raum wird zu einem Multifunkt­ionssaal umgebaut und kann so auch künftig für Abibälle oder Weihnachts­feiern zur Verfügung stehen. Und auch im Freien gibt es Fortschrit­te. Auf der Rückseite des Hauptgebäu­des wird ein Schülerwoh­nheim neu gebaut. Die Bodenplatt­e ist bereits erstellt.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Die denkmalges­chützte Ziegelfass­ade der ehemaligen Pädagogisc­hen Hochschule bleibt erhalten. Sie wird derzeit ausgebesse­rt und erneuert. Die großflächi­gen Fenster wer den ausgetausc­ht.
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Der „Hof der Stille“soll belebt und über dacht werden.
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Aus dem Konzertsaa­l wird ein Multifunk tionssaal.

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