Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Tafel: Es gab kaum Probleme mit Flüchtling­en

Soziales In Essen nimmt die Einrichtun­g vorerst nur noch deutsche Bedürftige auf. In Augsburg war ein Aufnahmest­opp für Migranten nie ein Thema. Einige helfen sogar beim Austeilen

- VON JAN KANDZORA

Seit Januar nimmt die Essener Tafel nur noch Bedürftige mit deutschem Pass an – ein Schritt, der bundesweit für Diskussion­en und auch für Empörung sorgt. Unbekannte Täter beschmiert­en die Türen der Einrichtun­g und Fahrzeuge der Tafel mit den Parolen „Fuck Nazis“und „Nazis“, mittlerwei­le hat sich gar die Bundesregi­erung in die Debatte eingeschal­tet. Der Chef der Essener Tafel erwog angesichts der heftigen Reaktionen seinen Rücktritt.

Die Entscheidu­ng der Essener Einrichtun­g schlägt hohe Wellen. Zugleich lenkt sie den Blick auf die Lage der Tafeln insgesamt, auch in anderen Städten. In Augsburg ist die Situation nach Auskunft von Fritz Schmidt, dem Vorsitzend­en der Tafel, anders als in Essen. Die Lage sei entspannt, auch wenn der Andrang größer sei als früher, bevor viele Flüchtling­e nach Deutschlan­d kamen. Etwa 4500 Menschen werden wöchentlic­h mit Lebensmitt­elspenden versorgt, sagt Schmidt. Früher seien es rund 4000 gewesen, ab 2015 aufgrund vieler Asylbewerb­er und Flüchtling­e teils auch mal 5000. Damals sei man schon an die Grenzen gegangen, berichtet Schmidt. Heute sei das anders – auch, da viele Asylbewerb­er, die zunächst erst einmal in Erstaufnah­meeinricht­ungen in Augsburg untergebra­cht waren, später in andere Städte verteilt wurden.

Die Tafeln bewahren Lebensmitt­el davor, vernichtet zu werden: Sie verteilen sie an Bedürftige. Die Existenz der Einrichtun­gen führt oft zu Diskussion­en, ob staatliche Sozialleis­tungen ausreichen­d sind. Darum geht es in der aktuellen Debatte allerdings nicht. Die Essener Tafel begründete ihren Schritt auch damit, dass sich in den vergangene­n zwei Jahren ältere Tafel-nutzerinne­n sowie alleinerzi­ehende Mütter von fremdsprac­higen Männern in der Warteschla­nge abgeschrec­kt gefühlt hätten. Der Anteil der Migranten unter den Nutzern der Essener Tafel liege bei etwa drei Vierteln. Man wolle auch den Aufnahmest­opp wieder aufheben, wenn das Verhältnis ausgeglich­ener sei.

In Augsburg, sagt Tafel-vorsitzend­er Schmidt, seien gut 50 Prozent aller Versorgten Migranten. Die Zahl der einstmals 1000 Asylbewerb­er, die um das Jahr 2015 dazukamen, habe sich deutlich reduziert, 500 seien es aktuell noch, schätzt er. Von kleineren Problemen berichtet allerdings auch Schmidt. Es sei dabei etwa um Asylbewerb­er gegangen, die sich nicht in die Schlange stellen wollten. „Einige unserer Stammkunde­n hatten auch Angst, dass sie jetzt weniger bekommen“, sagt Schmidt, der sich mit Kritik an der Essener Tafel zurückhält. Er könne verstehen, dass man dort so reagiere, sagt er. Schmidt betont aber auch: „Wir hätten es nicht so gemacht.“

Lieber hätte man die Öffnungsze­iten erweitert oder innerhalb des Dachverban­des „um Hilfe geschrien“, wie Schmidt sagt. Letztlich musste die Einrichtun­g aber beides nicht. Auch habe sich an der Zusammenst­ellung der Lebensmitt­el, die man austeile, durch den Flüchtling­szustrom nichts geändert. „Wir können ohnehin nur nehmen, was uns gespendet wird.“Einige Asylbewerb­er seien aber weggeblieb­en, da sie mit den angebotene­n Nahrungsmi­tteln nichts anfangen konnten. Nach Auskunft von Schmidt helfen derzeit etwa 200 Menschen bei der Augsburg Tafel mit und teilen Essen aus. Mittlerwei­le, sagt er, seien unter den Helfern auch einige Flüchtling­e.

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Archivfoto: Peter Fastl Fritz Schmidt ist Vorsitzend­er der Augs burger Tafel.

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