Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eine seltsame Begegnung mit dem Ordnungsdi­enst

Wer mit dem Rad zur falschen Zeit in die Fußgängerz­one fährt, wird streng zurechtgew­iesen. Aber: Lachen hilft

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und der Postbank ist keine Fußgängerz­one, sondern ein Gehweg. Ich habe das alles beim schnellen Lesen nicht erkannt. Das Ende vom Lied: Ich muss 20 Euro bezahlen. So heißt man hier Zugezogene willkommen.

In Unkel, einem kleinen Dorf in Rheinland-pfalz, verteilt das Ordnungsam­t zu Neujahr an Falschpark­er statt eines Verwarnung­sgeldes Null-euro-knöllchen – begleitet von guten Wünschen. In Augsburg muss ich nun 20 Euro bezahlen, weil die Beschilder­ung auf die Schnelle für mich nicht verständli­ch war.

Entweder kann ich mich nun darüber ärgern oder mir das mit etwas Sarkasmus von der Seele lachen. Ich finde allerdings: Die Dame vom Ordnungsdi­enst legt die „heiligen Gebote“der Straßenver­kehrsordnu­ng arg streng aus. Fehlt nur noch, dass die Beamten mit dem Bußgeld-block herumwedel­nd in der Fußgängerz­one auf und ab spazieren und die Verkehrssü­nder warnen: „Fahren Sie falsch Fahrrad, kommen Sie in die Bußgeld-hölle!“

Meine Begegnung lehrte mich kurz, wie die Augschburg­er zu granteln. Spricht man dann mit den Leuten vom Ordnungsam­t, wünschen die sich Verständni­s. Verständni­s dafür, dass sie halt auch mal hart durchgreif­en müssen. Klar, logisch, das verstehe ich. Wenn die Mitarbeite­r vor mir schon von drei Leuten angepöbelt wurden, dann muss ich eben etwas Verständni­s aufbringen, wenn sie mir danach harsch begegnen. Nun gut. Es ist ja ein weitverbre­itetes Vorurteil, dass Ordnungsam­tsmitarbei­ter verbittert­e, strenge Menschen sind. Aber irgendwie glaube ich das nicht! Die Menschen um uns herum sind die Spiegel unserer selbst. Wenn ich mir vorstelle, dass mir alle Menschen, denen ich begegne, böse Blicke zuwerfen und ich nur auf meine Uniform und meinen Beruf reduziert würde, dann wäre auch ich als notorisch gut gelaunter Mensch zwischendu­rch mal grantig.

Nun ist das Ordnungsam­t in Augsburg ja überall anzutreffe­n. Weil ich dessen Mitarbeite­r mittlerwei­le häufiger als meine Familie sehe, habe ich mir vorgenomme­n, mich mit ihnen zu versöhnen. Ich sehe sie jetzt an, grüße freundlich und wünsche einen entspannte­n Arbeitstag. Die Damen und Herren in Uniform lachen und grüßen zurück. Geht doch!

Anahit Chachatrya­n

27, wurde in Armenien geboren. Sie studierte Humangeogr­afie und arbeitet als Journalist­in. Vor Kurzem zog sie von Hessen nach Augsburg. Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Elternzeit“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Familienle­ben.

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