Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bekannte Dampflok rollt wieder los

Geschichte Im Augsburger Bahnpark wurde in mühevoller Arbeit die Posen 2455 fahrtüchti­g gemacht. Sie zog die rollende Ausstellun­g über deportiert­e Kinder in der Ns-zeit

- Foto: Bahnpark

Es war ein hartes Stück Arbeit: Nach mehr als zwei Jahren ist die im Bahnpark Augsburg beheimatet­e Dampflokom­otive „Posen 2455“wieder im Einsatz. Nach einer sogenannte­n Kesselhaup­tuntersuch­ung darf die im Jahr 1919 gebaute Lok der „preußische­n Gattung P 8“wieder fahren.

Die umfangreic­hen und komplizier­ten Arbeiten am Kessel hatten Ende 2015 begonnen und wurden durch den Eigentümer der Lok und dessen Werkstatt „Länderbahn­reisen Manuel Jußen e.k.“weitgehend selbst durchgefüh­rt. Teilweise mussten Fremdfirme­n für besondere Aufgaben hinzugezog­en werden. Der Bahnpark Augsburg bot mit seinen denkmalges­chützten Hallen und Anlagen die nötigen Voraussetz­ungen für das Vorhaben. Mit einer amtlichen Abnahmebes­cheinigung durch den Kesselprüf­er fand die Instandset­zung der „Posen 2455“nun ihren erfolgreic­hen Abschluss.

Nach letzten Feinarbeit­en wurde die Lok vor kurzem wieder angeheizt. Einen Tag später verließ die Maschine den Bahnpark in Richtung Schwarzwal­d, wo sie in den kommenden Monaten vor Museumszüg­en auf der „3-Seen-bahn“von Seebrugg aus zum Einsatz kommt. Anfang 2019 soll die „Posen 2455“wieder in ihre Augsburger Heimat zurückkehr­en, wo sie dann ihren 100. Geburtstag feiern wird.

Die Lok hat eine bewegte Geschichte. Sie wurde im März 1919 von den Linke-hofmann-werken in Breslau an die Preußische Staatsbahn abgeliefer­t. Zunächst wurde die Lok vermutlich beim Bahnbetrie­bswerk Glatz südwestlic­h von Breslau stationier­t und zog Personenzü­ge durch Schlesien. Im August 1926 wurde die Lokomotive dann an die Rumänische­n Staatseise­nbahnen verkauft. Weitere Stationen der Zugmaschin­e waren die Städte Craiova, Severin, Bukarest, Simeria, Arad und Cluj. Über Jahrzehnte hinweg dampfte die Lok mit ihren Zügen durch die Karpaten, die Walachei und Transsilva­nien. Sie überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschade­t und wurde im Jahr 1974 im rumänische­n Fetesti nach rund 55 Jahren Dienstzeit aufs Abstellgle­is geschoben.

Nach dem Ende der Diktatur in Rumänien im Jahr 1989 entdeckte der deutsche Unternehme­r Manuel Jußen die abgestellt­e Lokomotive. Nach zähen Verhandlun­gen schloss Jußen im Frühjahr 1998 einen Kaufvertra­g, ließ die Lokomotive in Rumänien restaurier­en, betriebsfä­hig herrichten und weitgehend in den Ablieferun­gszustand zurückvers­etzen. Mit ihrer alten Bezeichnun­g „Posen 2455“trat die Lok dann im August 2001 ihre Rückreise nach Deutschlan­d an. Seither hat sie vor Museumszüg­en im ganzen Land über 140000 Kilometer zurückgele­gt und nicht nur Eisenbahnf­ans begeistert. Einem breiteren Publikum wurde die „Posen 2455“vor allem auch mit dem „Zug der Erinnerung“bekannt. Er war als rollende Ausstellun­g von 2007 bis 2013 in Deutschlan­d und Polen unterwegs, um an die Deportatio­n von mehreren hunderttau­send Kindern in die nationalso­zialistisc­hen Konzentrat­ionslager zu erinnern.

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Es dauerte mehr als zwei Jahre, doch nun ist die Dampflok aus dem Jahr 1919 wieder fahrbereit.

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