Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Streit und die tiefere Ursache
Der Streit um die bevorstehende Vereidigung des neuen bayerischen Ministerpräsidenten im Landtag war vorhersehbar. Er wird auf offener Bühne ausgetragen. Markus Söder will nicht am selben Tag wie die Bundeskanzlerin vereidigt werden. Das ist verständlich – und zwar nicht wegen irgendwelcher Eitelkeiten, die es da zweifellos auch gibt, sondern weil es ein besonderes Ereignis im Freistaat ist. Es geht nicht nur um Söder. Es geht auch um die Würde des Akts. Dafür eine Sondersitzung einzuberufen, geht völlig in Ordnung. Und dass eine reguläre Sitzung nach dem Rücktritt des alten und vor der Vereidigung des neuen Ministerpräsidenten nicht stattfinden darf, ergibt sich aus der Verfassung.
Dennoch geht der scharfe Protest von SPD, Freien Wählern und Grünen nicht ins Leere. Die tiefere Ursache der Terminschwierigkeiten liegt an dem Dauerkonflikt zwischen Horst Seehofer und Markus Söder. Seehofer hat seine Möglichkeit, bis zum letztmöglichen Termin im Amt zu bleiben, buchstäblich bis zur letzten Stunde ausgeschöpft – wohl auch wegen einer tief sitzenden Verärgerung über die „erhebliche Demontage meiner Person“durch Söder und die CSU im Landtag. Man darf Seehofer unterstellen, dass er in der Stunde des Triumphs seines Kontrahenten nicht anwesend sein wollte. Und man darf Söder unterstellen, dass er genau das will.
Dass die Opposition den Finger in diese Wunde der CSU legt, ist ihr gutes Recht. Trotz aller Beteuerungen scheint es der CSU nicht zu gelingen, die Amtsübergabe mit Würde und Anstand über die Bühne zu bringen.