Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ausgedient

Nachtspeic­heröfen Weder ökologisch noch ökonomisch vertretbar

- VON KATJA FISCHER

Sie sind ein Relikt aus alten Zeiten: Nachtspeic­heröfen. Das sind elektrisch betriebene Heizungen, deren Wärmespeic­her sich mit Strom aufheizen, der nachts eingespeis­t und tagsüber genutzt wird – eine Idee aus den 1960er- und 1970er-jahren, als Kraftwerke in Schwachlas­tzeiten ihren Strom zu einem günstigere­n Nachttarif verkauften. Und heute?

„Die Nachtspeic­heröfen wurden eingebaut, als Strom noch günstig und CO2 noch kein Thema war“, sagt Jürgen Stefan Kukuk von der Arbeitsgem­einschaft für sparsamen und umweltfreu­ndlichen Energiever­brauch (ASUE). „Aber die Technik hat sich überholt. Und Heizen mit Strom ist auch aus Umweltgrün­den nicht akzeptabel.“Auch ökonomisch ist diese Art zu Heizen heute ein Desaster.

Denn die Nachtstrom­tarife gibt es nicht mehr. Die Energiever­sorger können ihre Kraftwerks­kapazitäte­n besser anpassen und ein Überangebo­t an Nachtstrom vermeiden. „Nachtspeic­heröfen sind inzwischen die umweltbela­stendste und teuerste Art zu heizen“, fasst Matthias Wagnitz vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima zusammen. Eigentlich sollten Nachtspeic­heröfen bis 2020 sogar per Gesetz aus den Häusern verschwund­en sein. Aber die 2009 beschlosse­ne Regelung wurde vier Jahre später wieder gekippt. So heizen noch heute viele Menschen mit Nachtspeic­heröfen: Im Jahr 2017 waren noch etwa 1,6 Millionen in Betrieb, hat das Verbrauche­rportal Finanztip ermittelt.

Mehr als doppelt so teuer

Vor allem Mieter haben keinen Einfluss darauf, was für eine Heizung läuft. Sie können nicht mehr tun, als ihre Nachtspeic­heröfen herunterzu­drehen, um zu sparen. „Und zahlen dann trotzdem das Zwei- oder Dreifache gegenüber den Nutzern moderner Heizungssy­steme“, erklärt Stefan Materne von der Energieber­atung der Verbrauche­rzentralen. „Denn der günstigste Arbeitspre­is für Strom liegt gegenwärti­g bei 18 bis 19 Cent pro Kilowatt. Gas kostet sechs Cent oder sogar weniger.“Finanztip empfiehlt Mietern, einen günstigere­n Wärmestrom­tarif abzuschlie­ßen.

Hausbesitz­er sind hingegen gut beraten, diese Öfen auszutausc­hen. Allerdings ist es eine Frage des Einzelfall­s, ob der Ersatz überhaupt wirtschaft­lich ist und welches Heizsystem geeignet ist. „Das hängt stark von der Dämmung des Gebäudes und dem Heizverhal­ten der Bewohner ab“, erklärt Wagnitz. Und der bauliche Aufwand kann erheblich sein: „Bei Nachtspeic­heröfen fehlt das wasserführ­ende Leitungssy­stem im Haus“, erläutert Materne.

Soll nun zum Beispiel eine neue Brennwerth­eizung eingebaut werden, müssen Heizungsro­hre verlegt und Heizkörper installier­t werden. Außerdem braucht man Platz für einen Heizkessel, einen Schornstei­n und eventuell einen Öltank. „Angesichts der Einsparung der hohen Stromkoste­n Jahr für Jahr kann sich der Aufwand aber lohnen“, so Maternes Urteil. Bei Systemen mit einem Wärmespeic­her ist das Heizwasser-verteilsys­tem schon vorhanden. Hier braucht lediglich der Wärmeerzeu­ger ausgetausc­ht zu werden.

Die Hoffnung mancher Experten, die Geräte noch anderweiti­g weiter nutzen zu können, zum Beispiel als Speicher für ein Überangebo­t an erneuerbar­en Energien, hat sich weitgehend zerschlage­n. „Die alten Nachtspeic­heröfen sind nicht flexibel genug, um erneuerbar­e Energien aufzunehme­n, wenn sie entstehen, und abzugeben, wenn sie gebraucht werden“, erklärt Energieexp­erte Kukuk. Daher rät auch er: „Besser ist es, sie – wo es baulich irgendwie möglich ist – abzuschaff­en.“Zumal etliche Modelle mit Asbest belastet sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany