Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Europa sucht nach gemeinsame­r Vision

Finanzen Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron hatte Großes mit der EU vor. Er wollte etwa einen europäisch­en Währungsfo­nds gründen. Nun scheinen seine Pläne zu scheitern

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Als Emmanuel Macron seine Europa-visionen präsentier­te, erntete er Lob und Anerkennun­g. Doch dann passierte Monate lang nichts – auch wegen der langwierig­en Regierungs­bildung in Berlin. Nun haben sich gestern die Finanzmini­ster der Euro-zone in Brüssel getroffen. Das Ergebnis: Die Pläne liegen weiterhin auf Eis. Denn die Finanzmini­ster wussten am Montag auch nicht so recht, wie sie den Reformmoto­r wieder anwerfen sollten. Bei ihren Gesprächen ging es unter anderem darum, den Euro-rettungssc­hirm ESM zu einem europäisch­en Währungsfo­nds auszubauen – doch das wird aus mehreren Gründen erst einmal nichts.

Peter Altmaier war dennoch zufrieden. Fünf Mal habe er als kommissari­scher Finanzmini­ster an Eurogruppe­n-sitzungen teilgenomm­en, sagte er. „Wir haben an allen Debatten aktiv mitgewirkt und unsere Hausaufgab­en gemacht.“Daran gibt es jedoch Zweifel.

Bereits am Wochenende war bekannt geworden, dass die amtierende Bundesregi­erung die Luft aus den hochfliege­nden Reformplän­en des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron gelassen hatte. Einen gemeinsame­n Vorstoß zu den Ideen aus Paris über einen Europäisch­en Währungsfo­nds, ein eigenes Budget für die Währungsun­ion oder gar einen Eu-finanzmini­ster werde es vorerst nicht geben, hieß es. Zuvor müsse die neue Regierung ihre Ämter übernehmen, erst dann könne man sich abstimmen. Dass die Bundeskanz­lerin unmittelba­r nach ihrer Wahl am Mittwoch sofort an die Seine reist, gebe zwar Gelegenhei­t zu einem offizielle­n Meinungsau­stausch, bis zum Gipfeltref­fen der 28 europäisch­en Staats- und Regierungs­chefs Ende kommender Woche reiche die Zeit jedoch nicht aus, um einen Plan für die EU 2.0 zu erstellen, hieß es. Der soll nun zum Juni-gipfel fertig werden.

Diese Erklärung für die Verzögerun­g dürfte nur die halbe Wahrheit sein. Zum einen hat Macrons Initiative in Berlin keineswegs Euphorie ausgelöst. Zum anderen wächst der Widerstand anderer Staaten spür-

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Foto: dpa Pierre Moscovici, Währungsko­mmissar der Europäisch­en Kommission, diskutiert mit Finanzmini­ster Peter Altmaier beim Treffen der Eurogruppe.

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