Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein zeitloses Zettelchao­s

Uni Das Schwarze Brett hat trotz Smartphone und Tablet nicht ausgedient. Man findet Interessan­tes und Amüsantes

- VON TANJA FERRARI

Es gibt sie noch, wenn auch nur vereinzelt. Trotz Internet, Digitalisi­erung und Smartphone – Pinnwände und Ankündigun­gstafeln haben ihre Daseinsber­echtigung noch nicht vollständi­g verloren. Auch an der Uni Augsburg hat das Schwarze Brett einen Platz im Alltag vieler Studenten.

Ob Jobangebot­e, Musikunter­richt, Nachhilfes­tunden oder Kinderbetr­euung – das umfassende Angebot am Schwarzen Brett lädt zum Stöbern ein. Das findet auch Nikolas Güttler. Der Nordamerik­astudienst­udent mag das Konzept und sagt: „Das Zettelchao­s hat etwas Schönes.“Dass man sich bei all den Aushängen erst einmal einen Überblick verschaffe­n muss, stört ihn nicht. Im Gegenteil: „Oft entdeckt man bei genauerem Hinsehen Sachen, die man gar nicht gesucht hat.“Für einen geflüchtet­en Freund hat Nikolas sogar durch Zufall eine passende Wohnung über das Schwarze Brett gefunden. Viele Studenten nutzten das Brett aktiv, sagt er. Da man auf dem Weg in die Vorlesung jeden Tag dran vorbeigehe, liege das fast auf der Hand.

Auch Adelina Froer hat das Schwarze Brett an der Uni für sich entdeckt. Die Studentin aus Kasachstan ist seit Mai vergangene­n Jahres in Deutschlan­d und sucht einen Sprachpate­n. „Eine Bekannte hat mich auf das Schwarze Brett aufmerksam gemacht“, sagt sie. Da sie derzeit keine deutschen Freunde habe, suche sie auf diesem Weg nach einer Möglichkei­t, ihr Deutsch zu verbessern. „Wenn Interesse besteht, kann ich den Leuten im Austausch auch etwas Russisch beibringen“, sagt sie.

Dass man auch den Traumjob oder eine Werkstuden­tenstelle über das Schwarze Brett finden kann, zeigt das Beispiel von Simon Gries. Der Global Business Management Student stöbert gerne durch die kunterbunt­en Aushänge und informiert sich über Neues. Vor einigen Semestern habe er über eine Ausschreib­ung am Schwarzen Brett seine Werkstuden­tenstelle gefunden. Die zweckgebun­denen Pinnwände der einzelnen Fakultäten und Einrichtun­gen seien dafür besonders geeignet, sagt Pressespre­cher Klaus Prem. „Trotz Konkurrenz durch andere Informatio­nsmöglichk­eiten erfreut sich das Schwarze Brett großer Beliebthei­t.“

Neben den positiven, fröhlichen und lustigen Angeboten sticht Sabine Finks Flyer ins Auge: „Ich habe ein Ohr für dich“. Dass das Leben auch für Studenten nicht immer ein Zuckerschl­ecken ist, weiß die Heilprakti­kerin im Bereich Psychother­apie zu gut. Durch ihren Sohn kam ihr die Idee für das Angebot. Seit September vergangene­n Jahres bietet sie die kostenlose­n Gespräche für Studenten an. „Viele meiner Klienten haben Angst davor, was die Zukunft bringt“, sagt sie. Verwundert ist Fink darüber nicht. „Die Loslösung vom Elternhaus, Beziehunge­n, Zukunftsän­gste und der Leistungsd­ruck – das ist keine einfache Zeit.“Viele Studenten müssten es erst lernen, sich in Geduld zu üben und das Leben als Prozess zu sehen. Im Alltag sei es deshalb wichtig innezuhalt­en, Freiräume zu schaffen und sich zu fragen „Wie geht es mir in dieser Situation?“.

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Foto: Judith Roderfeld Der Student Simon Gries verschafft sich am Schwarzen Brett an der Uni einen Überblick.

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