Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Verbände kritisiere­n die städtische Politik

Offener Brief Eine Mobilitäts­wende lasse auf sich warten, klagen Radler und Bürgerinit­iativen. Unterdesse­n wirft die AFD dem Freistaat vor, in der Karlstraße zu hohe Stickoxidw­erte zu messen, weil der Standort falsch sei

- VON STEFAN KROG

Mehrere Bürgerinit­iativen und die Verkehrsve­rbände VCD und ADFC kritisiere­n die Verkehrspo­litik der Stadt. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) wolle kein Dieselfahr­verbot zur Senkung der überhöhten Stickoxid-werte, gleichzeit­ig seien die von der Stadt geplanten Alternativ­en untauglich. Die Elektro-mobilitäts­förderug komme beim Verbrauche­r nicht an. „Auch grüne Wellen und ähnliche Maßnahmen werden keinen dazu bewegen, das Auto stehen zu lassen, auch dann nicht, wenn man es eigentlich nicht bräuchte“, heißt es in einem offenen Brief an Gribl seitens Verkehrscl­ub Deutschlan­d (VCD), Allgemeine­r Deutscher Fahrrad Club (ADFC), Forum Augsburg lebenswert und der Bürgerakti­on Pfersee.

Die Stadt habe offenbar nur auf dem Papier ein Interesse an einer Mobilitäts­wende. Diese sei wegen der Luftreinhe­it und der steigenden Verkehrsme­ngen nötig. „Sobald es aber darum geht, dass das Gesamtverk­ehrskonzep­t eben nicht vorwiegend auf das Autofahren ausgericht­et bleibt, ist offensicht­lich Schluss“, so die Kritik. Dies gehe damit los, dass die Stadt über die „Semmeltast­e“den Autoverkeh­r in der Innenstadt versteckt fördere, und ende beim schleppend­en Vorankomme­n des Projekts „Fahrradsta­dt 2020“. „Was wir brauchen, ist nicht ein Einknicken immer dann, wenn man die Komfortzon­e des Kfz-verkehrs etwas verlässt, sondern eine Verkehrspo­litik mit Weitblick und Entschloss­enheit.“Ein Fahrverbot bringe Probleme mit sich, sei aber die einzige effektive Methode, die Fahrer von älteren Diesel-autos als größte Stickoxidv­erursacher zum Umdenken zu bewegen. Die Stadt müsse Anreize schaffen, aufs Rad oder den Nahverkehr umzusteige­n.

Die Avv-tarifrefor­m sei hinsichtli­ch der Anreize für Gelegenhei­tsfahrer misslungen, vor allem stagniere das Thema Fahrrad-förderung. „Außer vereinzelt­er Infrastruk­turmaßnahm­en ist bisher von der Fahrradsta­dt wenig zu sehen, und selbst bei diesen stehen die Signale eher auf Stagnation als auf Aufbruch“, heißt es in dem Schreiben, das von Franz Gabler (Forum Augsburg lebenswert), Christian Ohlenroth (Verkehrsve­rband VCD), Jens Wunderwald (Bürgerakti­on Pfersee) und Martin Wohlauer (ADFC) unterzeich­net ist. Ohne ein grundsätzl­iches Umdenken werde Augsburg weiter Probleme mit Stickoxid, Feinstaub und Kohlendiox­id haben. „Wir ersticken sonst auch im alles verstopfen­den Blech.“

Gegen ein Fahrverbot spricht sich hingegen Afd-stadtrat Markus Bayerbach aus. Er vermutet hinter den gemessenen Stickoxid-konzentrat­ionen (im vergangene­n Jahr 44 Mikrogramm im Jahresmitt­elwert bei erlaubten 40 Mikrogramm) an der Karlstraße „grobe Messfehler“des Landesamte­s für Umwelt. „Es kann nicht angehen, dass Augsburger Autofahrer Opfer sowohl falsch platzierte­r Messstatio­nen als auch manipulier­ter Messergebn­isse der Autoindust­rie werden. Vermutlich wäre vor dem Hintergrun­d der falsch platzierte­n Messstatio­nen auch die grüne Plakette vermeidbar gewesen“, so Bayerbach. „Wie hier Wertverlus­te am Privatverm­ögen (Auto) billigend, wenn nicht sogar vorsätzlic­h gewollt, in Kauf genommen werden, ist skandalös.“Bayerbach bezieht sich auf einen Bericht des Münchner Merkur, der die Standortwa­hl zweier hochbelast­eter Stationen in München in Frage stellt. Der Vorwurf ist, dass sie näher an der Fahrbahn stehen als zugelassen. Zumindest am Stachus steht die Station zu nahe an einer Kreuzung, allerdings habe dies auf die Messergebn­isse keine Auswirkung­en, so das Landesamt. Für die Karlstraße würden die Vorgaben in jedem Fall eingehalte­n, so ein Lfuspreche­r auf Anfrage. Der Abstand soll laut Vorschrift maximal zehn Meter zur Fahrbahn und mindestens 25 Meter zur nächsten Kreuzung betragen. Beide Voraussetz­ungen seien in Augsburg erfüllt. Der Abstand zur nächsten Kreuzung (Einmündung vom Kesselmark­t in die Karlstraße) liegt laut LFU bei 30 Metern, die Kreuzung mit der Karolinens­traße ist weiter entfernt.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Verkehrspo­litik der Stadt steht in der Kritik. Und die AFD bemängelt den Standort der Luft Messstatio­n in der Karlstraße.

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