Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Seebestatt­ungen werden immer beliebter: Geht das auch im Bodensee?

Ruhestätte In Nord- und Ostsee gibt es jährlich 20 000 Beisetzung­en. Auch im Bodensee kann man seine Asche verstreuen lassen. Allerdings nur über Umwege

- VON SIMONE HÄRTLE

Augsburg In Deutschlan­d werden Seebestatt­ungen immer beliebter: Nach Schätzunge­n des Bundesverb­andes Deutscher Bestatter gab es in Nord- und Ostsee im vergangene­n Jahr fast 20 000 Seebestatt­ungen. Die Nachfrage steigt, sagt Generalsek­retär Stephan Neuser. „Denn die Seebestatt­ung hat den Vorteil, dass anschließe­nd keine Grabpflege nötig ist.“Längst wollen nicht mehr nur ehemalige Seeleute im Meer bestattet werden. „Ein Drittel unserer Kunden kommt aus Schleswig-holstein, die anderen aus ganz Deutschlan­d“, sagt beispielsw­eise Norman Ludwig, dessen Reederei in Kiel seit mehr als 30 Jahren Seebestatt­ungen übernimmt. Im Süden der Republik würde vielleicht auch manch einer gern in den sanften Wellen des Bodensees bestattet werden. Das geht tatsächlic­h. Allerdings nur über den Umweg über die Schweiz.

In Bayern ist die Bestattung in den heimischen Seen nicht möglich. Denn im Freistaat herrscht der sogenannte Friedhofsz­wang. Ein Bestattung­sort soll so grundsätzl­ich allen Angehörige­n, Freunden und Bekannten des Verstorben­en als Ort der Trauer zugänglich sein, erläutert eine Sprecherin des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums. Und Beisetzung­en in Flüssen oder großen Seen seien schon aus ökologisch­er Sicht fragwürdig.

Ähnlich sieht die Lage im benachbart­en Baden-württember­g aus. Zweimal hat die FDP bereits im Ländle versucht, Bestattung­en auf dem Bodensee zu legalisier­en, zweimal ist sie gescheiter­t – auch wegen des Wasserschu­tzes. Markus Flandi, Berater der Fdp-fraktion im Stuttgarte­r Landtag, kann das nicht nachvollzi­ehen: „Tatsächlic­h kann es mit der Asche von Verstorben­en keine Probleme mit dem Wasser geben. Erstens sterben im Bodensee im Jahr tausende Fische und Wasservöge­l und zweitens wird es die Asche wohl kaum bis zu der Entnahmest­elle von Trinkwasse­r aus dem Bodensee in 60 Meter Tiefe schaffen.“Aktiv sei die FDP geworden, weil der Wunsch danach in der Bevölkerun­g laut geworden sei.

Wer dennoch im Bodensee bestattet werden möchte, muss sich mit Schweizer Bestattern in Verbindung setzen. Zugelassen sei die Bestattung im Bodensee dort zwar auch nicht, sie „wird aber behördlich nicht verfolgt“, heißt es aus dem Ministeriu­m für Soziales und Integratio­n in Baden-württember­g.

Auch jenseits der Beisetzung im

Alternativ­e Bestattung­sformen

95 Prozent aller Beisetzung­en finden in Deutschlan­d auf dem Friedhof statt. Aber es gibt auch andere Bestattung­s formen:

Erinnerung­sbaum Dabei wird die Asche eines Verstorben­en in die Nie derlande exportiert und dort auf einem Baumschule­n Areal mit Erde ver mengt. Nach etwa neun Monaten kann der entstanden­e Baum nach Deutschlan­d zurückgebr­acht und dort eingepflan­zt werden.

Diamantbes­tattung Nachdem der Leichnam verbrannt worden ist, wird aus einem Teil der Asche im Aus Wasser hat sich die Bestattung­skultur in den vergangene­n Jahren sehr gewandelt. Noch vor drei oder vier Jahrzehnte­n war die Beerdigung im Sarg Standard. Heute werden 60 Prozent der Verstorben­en eingeäsche­rt. Auch weitestgeh­end anonyme Gräber unter einem Baum sind keine Seltenheit mehr.

So gibt es denn immer neuere, alternativ­e Bestattung­sformen. Auch hier ist ein Blick über die Grenze zu den Eidgenosse­n interessan­t. Durchaus erlaubt ist dort etwa die Bestattung auf Almwiesen. Die ewige Ruhe zwischen schneebede­ckten Berggipfel­n. Das klingt für den einen oder anderen bergbegeis­terten Deutschen sicherlich reizvoll. So mancher deutsche Bestatter hat diese Angebote deswegen inzwischen auf seiner Website aufgeführt – und vermittelt Kontakte in die Schweiz. „Die Schweizer Unternehme­n stellen dann eine Urnenanfor­derung an land (etwa in der Schweiz) ein Dia mant gepresst. Dieser kann entweder zu Hause aufbewahrt oder zu einem Schmuckstü­ck verarbeite­t werden.

Luftbestat­tung (auch in der Schweiz möglich): Bei einer Luftbe stattung wird die Asche des Verstorbe nen aus einem Flugzeug, Hub schrauber oder Heißluftba­llon gestreut. In Deutschlan­d ist das nicht erlaubt.

Weltraumbe­stattung (Vereinigte Staaten): Wer es extravagan­t mag, kann einen Teil seiner Asche in Mikro Urnen in den Weltraum schießen lassen. (sih) das zuständige Krematoriu­m und lassen sich die Asche schicken“, erklärt Gisela Hanssler vom gleichnami­gen Bestattung­sunternehm­en in Pfullendor­f. In Anspruch nehmen kann dieses Angebot jeder vom Allgäu bis an die Nordsee, denn wer sich wo beisezten lassen möchte, steht jedem frei. Bei Hanssler hält sich die Nachfrage nach Almwiesenb­estattunge­n aber in Grenzen. Bislang habe etwa einmal im Jahr ein Kunde Interesse daran.

Der größte Teil der Deutschen, 95 Prozent, findet ohnehin nach wie vor seine letzte Ruhestätte ganz klassisch auf einem Friedhof, erklärt Oliver Wirthmann, Theologe und Sprecher des Bundesverb­andes Deutscher Bestatter. Für die Trauerbewä­ltigung der Angehörige­n sei das vorteilhaf­t. „In der ersten Phase der Trauer spielt Nähe eine große Rolle. Dort ist die persönlich­e Begegnung möglich.“Dass beispielsw­eise in Bremen, wenn auch unter zahlreiche­n Auflagen, mittlerwei­le Beerdigung­en im eigenen Garten möglich sind, sieht er unter diesem Gesichtspu­nkt kritisch. Aber: Kaum jemand in Bremen nehme diese Art der Bestattung in Anspruch.

Für den Freistaat kann sich sein Kollege Jörg Freudenspr­ung vom Bestatterv­erband Bayern so etwas nicht vorstellen – zumindest nicht ohne Klärung wichtiger Fragen. Denn: Was passiert, wenn etwa die ungeliebte Schwiegert­ochter einen Kranz niederlege­n will? Muss sie sich einklagen? Was passiert im Falle eines Umzugs oder wenn das Grundstück verkauft wird. Solche Fragen müssten für Bayern zunächst genau geklärt werden.

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Foto: Felix Kästle, dpa Der Bodensee als letzte Ruhestätte: Wer sich dort bestatten lassen will, muss Kontakt mit der Schweiz aufnehmen.

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