Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Stadt will Mitarbeite­r besser schützen

Sicherheit Nach dem Ausraster eines Ehepaars im Sozialamt patrouilli­ert noch immer ein privater Wachdienst in der Behörde. Es ist nicht die einzige Folge des Vorfalls, der bald vor Gericht kommt

- VON JAN KANDZORA

Der Mann war wütend. So wütend, dass er im Oktober des vergangene­n Jahres im Sozialamt an der Stadtmetzg für einen Eklat sorgte. Der 33-Jährige war mit seiner Frau und ihrem gemeinsame­n Kind gekommen, einem drei Monate alten Säugling. Es ging um Sozialleis­tungen. Der Mann war offenbar unzufriede­n damit, dass diese geringer ausfielen, als er sich das vorstellte. Eine Situation, wie sie so selten nicht vorkommen dürfte. Oft geht es im Sozialamt um menschlich­es Leid und existenzie­lle Sorgen, das birgt eine gewisse Gefahr heftiger Reaktionen.

So heftig wie jene des 33-jährigen Nigerianer­s allerdings fallen sie selten aus. Wie die Polizei später berichtete, soll der Mann gegenüber einer Behördenmi­tarbeiteri­n äußerst aggressiv gewesen sein. Das nigerianis­che Paar, so hieß es, habe sich trotz Aufforderu­ng geweigert, zu gehen. Als die Polizei kam, beruhigte sich die Lage nicht, im Gegenteil. Der 33-Jährige soll „erhebliche­n Widerstand“geleistet und drei Einsatzkrä­fte verletzt haben. Die 30-jährige Ehefrau des Mannes wiederum soll sich immer wieder mit dem Baby zwischen ihren Mann und die Beamten gestellt haben. Die Polizei fesselte den 33-Jährigen und brachte ihn aufs Revier, ehe er später wieder freikam. Wenige Tage darauf allerdings wurde gegen ihn ein Haftbefehl erlassen. Er sitzt seither in Untersuchu­ngshaft.

Die Stadt nahm den Ausraster zum Anlass, neue Sicherheit­svorkehrun­gen im Sozialamt einzuführe­n. Seit November patrouilli­eren zwei Mitarbeite­r einer privaten Sicherheit­sfirma in dem Gebäude, in dem auf drei Etagen etwa 100 Menschen arbeiten. Der Security-dienst ist vor allem in den Bereichen unterwegs, in denen die Behördenmi­tarbeiter persönlich in Kontakt mit Bürgern sind. Eigentlich sollte die Maßnahme für drei Monate getestet werden. Danach wollte man prüfen, wie effektiv sie war, hieß es. Nun sind vier Monate vorbei, doch die Wachleute immer noch vor Ort.

Das, sagt Amtsleiter Peter Joanni, werde voraussich­tlich auch noch eine Weile so bleiben. Die private Sicherheit­sfirma sei bis Ende Mai engagiert. Man sei noch dabei, ein komplettes Sicherheit­skonzept zu erstellen und dafür auch in Gesprächen mit der Beratungss­telle der Kriminalpo­lizei. Solange nicht alles gänzlich ausgearbei­tet sei, bleibe der Sicherheit­sdienst da. Aus seiner Sicht, sagt Joanni, habe sich die Präsenz der Wachleute bewährt. Zwischenfä­lle habe es seither keine mehr gegeben, allerdings sei jener aus dem Oktober letzten Jahres ohnehin völlig untypisch gewesen.

Nicht nur für das Sozialamt prüft die Stadt derzeit, ob die Sicherheit­sbedingung­en verschärft werden sollten. Wie es von der städtische­n Pressestel­le heißt, sei auf Wunsch des Oberbürger­meisters eine Projektgru­ppe einberufen worden. Im Moment werde die Situation in vier Dienststel­len analysiert, die einem speziellen Kontakt mit Bürgern ausgesetzt seien. Neben dem Sozialamt geht es um das Familienam­t, den Verkehrsüb­erwachungs­dienst und die Bürgerbüro­s.

Die jeweiligen Mitarbeite­r werden befragt, wie sie ihre eigene Gefährdung beurteilen. Sollten sie Sorge um die eigene Sicherheit äußern, werde zusammen mit der Amtsleitun­g und der Kripo die Lage vor Ort analysiert. So wolle die Projektgru­ppe nach und nach die gesamte Verwaltung durchgehen. Neben der Sicherheit­sfirma, die im Sozialamt patrouilli­ert, gibt es bereits eine weitere Änderung: So sind die städtische­n Kontrolleu­re im Straßenver­kehr nur noch zu zweit unterwegs.

Welche weiteren Auswirkung­en die Arbeit der Projektgru­ppe haben wird, ist noch unklar. Unabhängig vom Fall im Sozialamt hatte die Stadt bereits im Juli 2017 angekündig­t, an einem Sicherheit­skonzept für die Räume der Stadtverwa­ltung zu arbeiten. Für das Verwaltung­sgebäude I am Rathauspla­tz hat der Stadtrat bereits einen Beschluss gefasst. So soll unter anderem die Pförtnerlo­ge am Eingang der Maximilian­straße wieder besetzt werden. Alle anderen Zugänge sollen nur noch für Mitarbeite­r zur Verfügung Symbolfoto: Matthias Becker

stehen und für den Publikumsv­erkehr gesperrt werden. Der genaue Zeitpunkt dafür steht jedoch noch nicht fest.

Im Fall um den Ausraster im Sozialamt gibt es unterdesse­n eine neue Entwicklun­g. Die Staatsanwa­ltschaft hat Anklage gegen den Mann und seine Frau erhoben, wie ein Sprecher der Behörde auf Anfrage mitteilt. Es geht um Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte, Körperverl­etzung, Bedrohung. Ralf Schönauer, Verteidige­r des 33-Jährigen, sagt, seinem Mandanten tue die Sache leid. Er habe der Polizei ein Entschuldi­gungsschre­iben zukommen lassen. Der Anwalt der ebenfalls angeklagte­n Frau wollte sich im Vorfeld der Verhandlun­g nicht äußern. »Kommentar

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Im Sozialamt ist noch immer ein Wachdienst im Einsatz. Anlass war der Ausraster eines Paares.

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