Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wettstreit um den goldenen Drachen

Song Slam Acht Musiker treten mit eigenen Liedern gegeneinan­der an. Die intime Atmosphäre in der Soho Stage ist dabei Fluch und Segen für die Künstler

- VON LARISSA BENZ

Freitagabe­nd, 21 Uhr. In einer halben Stunde geht der erste Song Slam 2018 in der Soho Stage, dem kleinen, gemütliche­n Kellerklub in Augsburgs Innenstadt, los. Beim Reingehen wird einem schnell warm ums Herz. Aus der Tür links beim Eingang hört man, wie sich die Musiker des heutigen Abends aufwärmen: mit dem Song „Sex is on fire“von den Kings of Leon. Das macht Lust auf mehr. Drinnen sind die wenigen Sitzplätze schon gut belegt, die Bar umlagert von jungem Publikum. Auf der Bühne ist alles bereit für den Wettbewerb, den „Slam“, an diesem Abend: Der Gewinn, ein goldener Drache aus Plastik, steht da, auf einer Tafel sind die Namen der Teilnehmer des Abends zu lesen.

Acht Musiker treten mit jeweils zwei selbst geschriebe­nen Songs gegeneinan­der an. Fünf Juroren aus dem Publikum, die der Moderator Alexander Ratschinsk­ij auswählt, entscheide­n, wer ins Finale kommt. Der Wettbewerb­sgedanke wird nicht allzu verbissen gesehen. Der Song Slam, der mittlerwei­le in vielen deutschen Städten als Abspaltung des Poetry Slams (Dichterwet­tstreit) Einzug gehalten hat, soll vielmehr eher unbekannte­n Singersong­writern eine Plattform bieten.

Damit die Künstler immer wieder bei solchen Gelegenhei­ten auftreten können, müssen sie auf ihren Auftritt in sozialen Netzwerken achten: „Die Veranstalt­er schauen mittlerwei­le drauf, wie viele Likes man als Künstlerin bei Facebook hat“, erklärt die Erdinger Musikerin Ama Pola den Zuschauern. Folge man ihr auf Facebook, stiegen demnach die Chancen, zu größeren Gigs eingeladen zu werden.

In Augsburg sind die Genres und Künstler an diesem Abend sehr gemischt: Manche von ihnen treten solo auf, andere als kleine Gruppe, als Instrument­e werden neben Gitarre und Keyboard auch eine Geige, eine Querflöte und eine Mundharmon­ika zum Einsatz kommen. Gesungen wird auf Deutsch, Spanisch und Englisch.

Vor der Bühne ist es eng, die Musiker und die über 100 Zuschauer gehen auf Tuchfühlun­g. Diese intime Atmosphäre ist für die Künstler Segen und Fluch zugleich. Gefällt die Musik auf der Bühne nicht, wird es schnell unruhig, Getränke werden nachgeholt, das Gemurmel nimmt zu. Bei Johanna Mauk aus Wolfratsha­usen passiert das Gegenteil: Während ihrer zwei Songs, die sie selbst mit der Geige und ihre Mutter mit der Gitarre begleitet, könnte man eine Stecknadel fallen hören. Sie schafft es, die Aufmerksam­keit auf ihre Seite zu ziehen.

Schwer haben es die letzten Künstler. Denn die einzige Schwäche der Veranstalt­ung ist, dass sie zu lange geht. Um 23.45 Uhr ist die Hauptrunde noch in vollem Gange. Plötzlich dröhnen aus dem Nebengebäu­de laute Discobeats in die Soho Stage, das stört die Konzentrat­ion für die Musiker und auch das Publikum erheblich.

Eine Entdeckung an diesem Abend ist die bezaubernd­e Ala Cya aus Augsburg. Sie präsentier­t in der Soho Stage zwei melancholi­sche Songs, die sie während eines Aufenthalt­s in Portugal schrieb. Musik, die unter die Haut geht.

Das Finale gewinnt aber schlussend­lich das originelle Duo mit der Synchronsp­recherin Lucie Mackert und dem Klavierkab­arettisten Peter Fischer. Souverän improvisie­ren sie einen Song aus drei vom Publikum zugerufene­n Wörtern. Die anderen Musiker sind bis zum Schluss geblieben und klatschen ihnen anerkennen­d Beifall – dieser faire Umgang miteinande­r gehört zu jedem Song Slam dazu.

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