Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
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ie grau gewordenen 68er, so ist das mit den alten Heldengeschichten, neigen dazu, ihren Einfluss auf den Gang der Dinge zu überschätzen. Aber wer will im Ernst leugnen, dass sie eine Kulturrevolution in Gang gebracht und den Konservativen in gesellschaftspolitischen Fragen die Meinungsführerschaft entwunden haben – in einem langen Prozess, der im Jahre 1998 zu einer rot-grünen Regierung und damit zu einer Machtübernahme von Alt-68ern führte? Allen voran Joschka Fischer, der ehemalige Straßenkämpfer, der zum angesehenen Außenminister wurde und im Ruhestand gutes Geld als Lobbyist von Großkonzernen verdient.
Fischer hatte, wie die meisten 68er, den „Marsch durch die Institutionen“angetreten und seinen Frieden mit den Verhältnissen gemacht. Und ich? Ich habe das ähnlich gehalten, bald geheiratet, mein Glück mit einer wunderbaren Familie gefunden, 48 Jahre für diese Zeitung gearbeitet – und in all dieser Zeit von jenem unbedingten Interesse an den Zeitläuften gezehrt, das durch „1968“ausgelöst wurde.