Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Sprengstoff Fund: Was hatte der Besitzer vor?
Kriminalität Die Polizei findet literweise Chemikalien in einer Obdachlosenunterkunft. Und steht jetzt vor einem Rätsel
Schweinfurt Was plante ein Mann mit literweise Chemikalien und hochexplosivem Sprengstoff? Diese Frage beschäftigt die Ermittler nach dem Fund der Substanzen in einer Obdachlosenunterkunft in Schweinfurt. Das Landeskriminalamt (LKA) prüft, ob Anhaltspunkte für eine extremistische Tat vorliegen. Die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz und gegen das Waffengesetz.
Die Ermittlungen konzentrieren sich auf einen 35 Jahre alten Mann, dem die Chemikalien nach eigenen Angaben gehörten. Das hatte der Deutsche am Montag den Beamten gesagt, nachdem er an die Absperrung der Polizei am Fundort getreten war. Daraufhin wurde er festgenommen. Gegen den 35-Jährigen wurde am Dienstag Haftbefehl erlassen, wie ein Sprecher des LKA sagte. Der Mann sei in Deutschland geboren und habe keinen Migrationshintergrund, sagte ein Sprecher der Münchner Generalstaatsanwaltschaft.
Ein Gerichtsvollzieher hatte am Montag die Polizei verständigt, weil er im Rahmen einer Zwangsräumung in der Sozialunterkunft etliche Chemikalien entdeckt hatte. Zunächst hieß es, in dem Gebäude
Sprengstoff auch als „Mutter des Satans“bekannt
Die Hauptzutaten können Nagel lackentferner und Haarbleichmittel sein: Der Sprengstoff Triacetontriper oxid (TATP) lässt sich mit sehr einfa chen Mitteln herstellen, ist billig und hat eine hohe Wucht.
TATP, im Nahen Osten auch be kannt als „Mutter des Satans“, wur de bei den Terroranschlägen in London seien Chemikalien entdeckt worden, die zur Herstellung von Sprengstoff geeignet sind. Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass dort auch schon hochexplosiver Sprengstoff deponiert war. Ersten Untersuchungen zufolge habe es sich um den Stoff TATP gehandelt, sagte der 2005 und in Paris 2015 benutzt. Auch bei den mutmaßlichen Attentä tern von Brüssel 2016 fanden ihn Ermittler.
Der erste dokumentierte Einsatz des Sprengstoffs ist ein Anschlag auf eine Studentengruppe im israelischen Hebron durch die Terrororganisation PLO 1980. (dpa) Lka-sprecher. Neben einem möglichen extremistischen Motiv prüfen die Ermittler auch, ob der Tatverdächtige mit den Substanzen beispielsweise einen Geld- oder Fahrkartenautomaten habe sprengen wollen. TATP gilt als sehr instabil und hochexplosiv. Auf einer Wiese in der Nähe des Fundorts wurde der Sprengstoff in der Nacht kontrolliert gesprengt. Etwa 100 Menschen mussten deshalb ihre Wohnungen verlassen. Insgesamt stießen die Ermittler auf mehr als 30 Liter Chemikalien und ein Kilo selbst hergestellten Sprengstoff. Die Wohnung hatte zuletzt eine 30 Jahre alte Frau bewohnt, die festgenommen wurde, inzwischen aber wieder auf freiem Fuß ist. Auch zwei weitere Männer, die die Polizei festgenommen hatte, sind wieder frei.