Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Soll der Plärrer früher starten?
Diskussion Das Volksfest ist am Karsamstag immer schon fertig aufgebaut. Doch öffnen dürfen Wirte und Schausteller trotzdem nicht – anders als alle anderen Volksfeste in der Republik. Wie still muss dieser Tag sein? Kommentar
Drei Schläge benötigt der Oberbürgermeister, dann fließt das Bier. Das Festzelt ist fast voll besetzt. Zuvor gab es einen Umzug mit Blasmusik, Fahnenträgern und Kutschen. So lief dieses Jahr die Eröffnung des Frühlings-volksfests in Nürnberg ab. In Augsburg, beim Frühjahrsplärrer, sah es ganz anders aus. Das Binswanger-zelt war zum Fassanstich am Ostersonntag nur spärlich besucht. Vielleicht 200 Gäste verloren sich in dem Zelt, das Platz für mehrere tausend Menschen bietet.
Das ist nichts Neues. Der Plärrerauftakt am Ostersonntag war noch nie gut besucht. Es dauert, bis sich Platz und Zelte füllen. Vormittags haben viele noch anderes zu tun, als das Fest zu besuchen – die meisten verbringen wohl die Zeit mit der Familie oder im Gottesdienst. Aus Sicht von Wirten und Schaustellern könnte man die wenig stimmungsvolle Eröffnung deutlich aufwerten – wenn der Plärrer schon am Nachmittag des Karsamstags öffnen dürfte. Die Fahrgeschäfte könnten um 16 Uhr aufmachen, der Fassanstich im Bierzelt könnte um 18 Uhr vor großer Kulisse stattfinden. So würde sich Josef Diebold, der Vorsitzende des schwäbischen Schaustellerverbands, den Start am Karsamstag vorstellen.
Josef Diebold, der mit seiner Frau ein Kinderkarussell betreibt, sagt: „Wir sind schon seit Langem für eine Plärrer-eröffnung am Samstag, die Schausteller wären zu 100 Pro- zent dabei.“Bisher allerdings scheiterten Vorstöße in diese Richtung in erster Linie daran, dass sich die Kirchen dagegen aussprachen. Der Karsamstag ist für Protestanten und Katholiken ein Tag der Stille. Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD) gilt zwar nicht als strikter Verfechter von Party-verboten an Feiertagen. Eine Debatte über einen früheren Plärrerstart will er aber auch nicht vom Zaun brechen. „Es ist doch gut so, wie es ist“, sagt er. Er sah bisher keinen Anlass, dass Thema anzupacken. Auch mit den Kirchenvertretern habe er darüber bis- lang nicht gesprochen. Festwirt Dieter Held („Schallerzelt“) kann die Haltung der Stadt nicht nachvollziehen. Er fragt sich: „Warum kann man im Rest von Deutschland am Karsamstag ein Volksfest eröffnen und nur in Augsburg nicht?“
Es gibt elf Volksfeste in Deutschland, die am Osterwochenende beginnen. Zehn Feste starten am Karsamstag – etwa in Nürnberg und in den Bischofsstädten Speyer und Aachen. Nur in Augsburg darf erst ab Ostersonntag gefeiert werden. Die „Dippemess“, das älteste Volksfest in Frankfurt am Main, beginnt sogar schon eine Woche vor Ostern. Am Karfreitag ist geschlossen, am Karsamstag dagegen von 14 bis 24 Uhr geöffnet. Dieter Held sagt, vor allem an den Wochenenden seien die Plärrer-zelte sehr gut besucht. Viele Interessenten, die einen Tisch reservieren wollen, gingen leer aus. Mit einem zusätzlichen Abend am Wochenende hätte mehr Besucher die Chance, zum Zug zu kommen, meint der Festwirt. Auch das geplante neue dritte Zelt, könne den zusätzlichen Tag sicher wirtschaftlich gut brauchen. Das kleinere Zelt gilt als nicht einfach zu betreiben. Zuletzt hatte Edmund Diebold seine „Sterndl-alm“aufgegeben, weil sie sich nicht rechnete.
Der Schausteller Josef Diebold ist gläubiger Katholik. Dass es Bedenken gegen einen früheren Plärrerstart gibt, kann er verstehen. Er könnte sich vorstellen, es deshalb zur Eröffnung auch etwas ruhiger angehen zu lassen – mit weniger Remmidemmi und gedämpfter Musik an den Fahrgeschäften.
Heute ist Familientag auf dem Plärrer. Von 13 bis 20 Uhr gibt es er mäßigte Fahrpreise und Angebote.