Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

E Ein Hardliner übernimmt das Steuer

Porträt Herbert Diess soll den Volkswagen-konzern künftig lenken. Er gilt als Mann der klaren Worte. Das hat ihm vor einem Jahr mächtig Ärger eingebrach­t

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s ist noch gar nicht so lange her, da hatte Herbert Diess keinen allzu guten Stand bei Volkswagen. Im Frühjahr vergangene­n Jahres beschwerte sich der Markenvors­tand via über die Macht der IG Metall im Vw-konzern. Immer wieder, klagte er dem Blatt, gebe es Hinweise, dass ein Aufstieg im Unternehme­n „von einer Mitgliedsc­haft bei der IG Metall abhängen würde“.

Die Kritik kam denkbar schlecht an in Wolfsburg, wo die Metaller so mächtig sind wie in kaum einem anderen Konzern. Arbeitnehm­ervertrete­r boykottier­ten eine Aufsichtsr­atssitzung, auf einer Betriebsve­rsammlung musste Diess sich warnen lassen, keine „rote Linie“zu überschrei­ten. Einige Experten prognostiz­ierten dem Top-manager bereits ein schnelles Ende. Ein Jahr später sieht das ganz anders aus: Der 59 Jahre alte Diess soll allem Anschein nach an die Vw-spitze aufsteigen und Matthias Müller beerben. Der Aufsichtsr­at könnte die Personalie noch diese Woche absegnen.

Der Österreich­er ist seit dem Sommer 2015 im Konzern, er wechselte von BMW zu Volkswagen. Diess war vom damaligen Chef Martin Winterkorn angeheuert worden, um die Kernmarke VW profitable­r zu machen. Drei Monate später erschütter­te der Abgas-skandal den Konzern und Diess avancierte zum Krisenmana­ger. Er senkte die Kosten bei VW, steigerte die Gewinne und sorgte dafür, dass Volkswagen trotz Dieselkris­e regelmäßig gute Absatzzahl­en vorlegen kann. Diess hat einst Fahrzeugte­chnik und Maschinenb­au in München studiert, er gilt als ausgewiese­ner Autokenner. Seine Karriere begann der verheirate­te Familienva­ter beim Autozulief­erer Robert Bosch in Stuttgart. 1996 wechselte er zu BMW und kletterte Schritt für Schritt im Konzern nach oben: Der Motorrad-fan leitete die Werke in Birmingham und Oxford, 2007 rückte er in die Führungsri­ege auf. Als Einkaufsvo­rstand drückte er die Lieferante­npreise gewaltig nach unten und erwarb sich dabei den Ruf eines Hardliners und unnachgieb­igen Verhandlun­gspartners. Später trieb er als Entwicklun­gsvorstand den Ausbau der Elektroaut­o-sparte voran. Auch bei Volkswagen setzt Diess auf E-autos. „Ich glaube an die Elektromob­ilität, sie ist eine Chance für Volkswagen“, hat er vor einiger Zeit in einem Interview gesagt. „Das Auto hat wahrschein­lich die besten Tage noch vor sich.“

Ob das auch für Herbert Diess gilt, werden die kommenden Monate bei Volkswagen zeigen. Dass ihm ein Streit mit der Arbeitnehm­erseite nicht allzu viel anhaben kann, wurde schon kurz nach seinem Bild-interview im vergangene­n Jahr deutlich. „Diess macht eine exzellente Arbeit“, betonte Wolfgang Porsche, Vw-aufsichtsr­at und Sprecher der Eigentümer­familie, kurze Zeit später beim Autosalon in Genf. Er sei sich sicher, dass „Herr Diess mehr Gespür dafür bekommt, wie die Dinge mit den Arbeitnehm­ern umzusetzen sind“.

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Foto: dpa

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