Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

SPD eckt mit Hartz IV Vorstoß bei der Union an

Soziales Nahles und Heil wollen Sanktionen für Jüngere abbauen. CDU und CSU lehnen dies ab

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Während Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) noch die Harmonie der Kabinettsk­lausur in Meseberg beschwören, gibt es in der Groko den nächsten Streit. Es geht um Hartz IV. Spd-fraktionsc­hefin Andrea Nahles will die Sanktionen für junge Arbeitslos­e lockern, die ihren Verpflicht­ungen nicht nachkommen, etwa Termine im Jobcenter nicht wahrnehmen. Arbeits- und Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD) hat eine Prüfung der Hartz-ivsanktion­en bereits angekündig­t und kritisiert, dass für Jüngere strengere Regeln gelten als für Ältere.

Hartz-iv-bezieher unter 25 Jahren können heute härter bestraft

„Hartz IV ist völlig aus der Zeit gefallen.“Grünen Fraktionsc­hef Anton Hofreiter

werden, wenn sie ihre Mitwirkung­spflichten verletzen, sich etwa auf eine vorgeschla­gene Stelle nicht bewerben. Schon beim ersten Verstoß kann die Geldleistu­ng gestrichen werden, bei weiteren Verstößen auch das Geld fürs Wohnen. Nahles, Heil und der Chef der Bundesagen­tur für Arbeit, Detlef Scheele, treten dafür ein, dass künftig für alle der – mildere – Strafenkat­alog für Ältere angewandt wird.

In der Union stößt der Spd-vorstoß auf heftige Kritik. Wolfgang Steiger, Generalsek­retär des Wirtschaft­srates der CDU, lehnt eine Lockerung der Sanktionen entschiede­n ab. Die „Agenda 2010“habe das Beschäftig­ungswunder der letzten Jahre erst möglich gemacht. Steiger: „An einer entschloss­enen Fortführun­g der Hartz-iv-reformen führt kein Weg vorbei, wenn die Zielmarke Vollbeschä­ftigung erreicht werden soll.“Nicht das deutsche Sozialsyst­em sei das Problem, sagt er: „Wir müssen uns vielmehr darum kümmern, dass die Menschen wieder leichter in reguläre Arbeit kommen und es sich lohnt zu arbeiten.“Der Cdu-politiker kritisiert zudem, dass in der Debatte bewusst außen vor gelassen werde, „dass die Armut und auch das Armutsrisi­ko in Deutschlan­d für Einheimisc­he wie auch länger hier lebende Migranten dank der guten Wirtschaft­slage seit Jahren kontinuier­lich zurückgeht“.

Stephan Stracke aus Marktoberd­orf, Vizechef der Csu-landesgrup­pe und deren sozialpoli­tischer Sprecher, sieht „keine Veranlassu­ng für eine Diskussion über den Abbau von Sanktionen für junge Hartz-ivempfänge­r – das ist im Koalitions­vertrag nicht vorgesehen“. Es gebe genügend andere Baustellen, um die sich Arbeitsmin­ister Heil jetzt kümmern müsse – etwa um die Umsetzung der Vereinbaru­ng aus dem Koalitions­vertrag zur Unterstütz­ung von Langzeitar­beitslosen. Dazu müsse er jetzt Vorschläge liefern.

Auch von den Liberalen kommt Widerspruc­h. Michael Theurer, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Fdp-fraktion im Bundestag und im Fdp-präsidium zuständig für die Bereiche Wirtschaft und Arbeit, fordert: „Angesichts von Fachkräfte­mangel und einer Vielzahl unbesetzte­r Lehrstelle­n müssen gerade die Sanktionsm­öglichkeit­en gegenüber jungen Arbeitslos­en erhalten bleiben.“Die Gesellscha­ft könne von jungen Menschen „eigene Anstrengun­gen, Flexibilit­ät und Mobilität erwarten“.

Die Grünen wollen indes Hartz IV generell auf den Prüfstand stellen. Fraktionsc­hef Toni Hofreiter im Interview mit unserer Zeitung: „Hartz IV ist völlig aus der Zeit gefallen, wir brauchen ein System, das die Würde jedes Menschen in den Mittelpunk­t stellt, besser beim Übergang in Arbeit unterstütz­t, weniger bestraft und effektiv gegen Armut schützt.“Das Gespräch mit Hofreiter finden Sie auf Politik.

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