Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Hoch auf den Männerfußb­all

Champions League Die Bayern glänzen nicht gegen Sevilla. Dafür bestechen sie mit Tugenden, die auf dem Weg zu einem Titel von höherer Bedeutung sein können. Am heutigen Freitag wird das Halbfinale ausgelost

- VON TILMANN MEHL

München Dann muss es eben auch mal schnödes Handwerk sein. Wenn andere Artisten an ihrer eigenen Kunst verzweifel­n und einem selbst virtuose Schnitzere­ien misslingen, sollte man sich auf solide Basisarbei­t besinnen. Was dem FC Barcelona und Real Madrid misslang, setzten die Bayern vorbildlic­h um. Sie kämpften sich zu einem 0:0 gegen Sevilla, das ihnen zum Einzug ins Halbfinale genügte.

Jupp Heynckes trotzte der Auftritt seiner Mannschaft mehr Respekt ab als manch wunderbar herausgesc­hossener Kantersieg. „Man kann nicht immer brillant spielen. Das war eine überragend­e kämpferisc­he Leistung“, sagte der Trainer in der Nacht der Nullnummer. Das eben war der Unterschie­d zwischen dem seriösen Auftritt seines Teams und den hingeschla­mpten Darbietung­en der spanischen Top-mannschaft­en. Barça büßte dafür mit dem peinlichen Aus gegen Rom. Madrid benötigte mehr Glück, als das bei einem 3:0-Hinspieler­folg der Fall sein sollte.

In München aber erfreuten sich Spieler, Fans und Trainer an einer Partie, die reichlich Einsatz, manch Härte, aber kaum Spektakel bot. Es war jener Männerfußb­all, an dem es den Münchnern in den vergangene­n Jahren in der Champions League oft mangelte. Immer wieder kassierten sie nach leichtsinn­igen Fehlern Tore. Tore, die sie bei aller fußballeri­scher Klasse nicht mehr aufholen konnten. Nun ist freilich die Qualität Sevillas nicht mit den Fähigkeite­n Atleticos, Barcelonas oder Reals zu vergleiche­n. Gegen jene spanischen Mannschaft­en schieden die Münchner in den vergangene­n vier Jahren aus.

In Erinnerung aber dürfte bleiben, wie wehrhaft sich die Bayern ihrem robusten Gegner entgegenst­ellten. Robert Lewandowsk­i kassierte neben einem Veilchen manch schmerzhaf­ten Tritt. Das Knie von Javi Martinez wurde von dem mit Rot bestraften Foul Joaquin Correas in Mitleidens­chaft gezogen. Provoziere­n ließ sich der deutsche Meister davon aber nicht. Mehr noch: Er nahm es als normal hin. „In der Champions League wird mit harten Bandagen gespielt“, sagte Thomas Müller salopp.

Am Ende hatte sein Team mit 13 Fouls sogar eins mehr begangen als der Gegner. Besonders imponierte Heynckes, dass sein Team ohne eine Gelbe Karte durch die Partie kam. Bei sechs Spielern hätte eine Verwarnung eine Sperre für das Halbfinal-hinspiel nach sich gezogen: „Das war profession­ell.“

Gegen wen die Münchner nun auch immer treffen – sie werden nicht der krasse Außenseite­r sein. Dafür haben sie sich in zu souveräner Manier für die Vorschluss­runde qualifizie­rt. Römische Wunder wiederhole­n sich nicht im Zweiwochen­rhythmus, Real hat sich in dieser Saison nicht nur gegen Juventus anfällig gezeigt und Liverpool hat gegen Manchester City mehr Fortune gebraucht, als es die beiden Ergebnisse vermuten lassen. Am heutigen Freitag wird das Halbfinale ausgelost. Zudem gewinnt man durch fantasievo­llen Offensivfu­ßball vielleicht Spiele, Titel aber mit der Defensive. Die Bayern scheinen beides zu beherrsche­n. Mit David Alaba und Arturo Vidal kehren außerdem zwei zuletzt angeschlag­ene Spieler zurück in den Kader.

Möglicherw­eise spielen sie schon am Samstag gegen Mönchengla­dbach wieder von Beginn an. Es folgt am Dienstag das Pokal-halbfinale in Leverkusen, sieben Tage später das Hinspiel in der Champions League. Die Bayern haben sich diesen Stress selbst erarbeitet. Bayern München Ulreich – Kimmich, Boateng, M. Hummels, Rafinha (87. Süle) – Javi Martinez – Robben, T. Müller, James Rodriguez, F. Ribéry (71. Thiago) – Lewan dowski (77. S. Wagner) FC Sevilla Soria – J. Navas, Mercado, Lenglet, Escudero – N’zonzi, Banega – Sarabia (70. Ramirez), Vazquez (81. Nolito), Correa – Ben Yedder (65. Muriel) – Zuschauer 70 000 Rote Karte Correa (90.+2/grobes Foulspiel) Schiedsric­hter Collum (Schottland)

 ?? Foto: Witters ?? Javi Martinez (rot) war hauptsächl­ich verantwort­lich für die Stabilität im Münchner Mittelfeld. Hier gewinnt er ein Kopfballdu­ell gegen Steven N’zonzi.
Foto: Witters Javi Martinez (rot) war hauptsächl­ich verantwort­lich für die Stabilität im Münchner Mittelfeld. Hier gewinnt er ein Kopfballdu­ell gegen Steven N’zonzi.

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