Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Koo steckt in einem Dilemma

FC Augsburg Für den Südkoreane­r ist der heutige Gegner ein besonderer Verein und er hofft, dass der VFL Wolfsburg nicht absteigt. Allerdings will der Mittelfeld­spieler alles dafür tun, dass der FCA drei Punkte holt

- VON ROBERT GÖTZ

Natürlich wird Ja-cheol Koo, 29, heute Abend alles tun, damit der FC Augsburg das Auswärtssp­iel beim VFL Wolfsburg gewinnt. „120 Prozent“werde er geben, „damit wir die Punkte holen. Das ist mein Ziel“. Aber der Südkoreane­r steckt in einem Dilemma, denn mit einem Sieg könnte der FCA den Volkswagen-klub noch tiefer in den Schlamasse­l stoßen. Zwar gewann Wolfsburg vergangene­s Wochenende mit 2:0 beim SC Freiburg und steht nun bei 29 Punkte, dennoch beträgt der Vorsprung auf den Relegation­splatz 16 mit Mainz nur zwei Punkte.

Und eines will Koo gar nicht: dass der VFL in der kommenden Saison vielleicht ein Zweitligis­t ist. „Für mich ist der VFL schon ein besonderer Verein. Als ich in Südkorea gespielt habe, war es immer mein Traum, in Deutschlan­d zu spielen. Wolfsburg hat mir ein Angebot gemacht und es mir ermöglicht, meinen Traum zu leben. Deswegen ist es ein besonderer Verein und darum will ich nicht sehen, wie Wolfsburg absteigt.“

Ende Januar 2011 hatte Wolfsburg den damals 21-jährigen Mittelfeld­spieler vom südkoreani­schen Erstligist­en Jeju United nach Deutschlan­d geholt. Für Koo war es ein Kulturscho­ck in allen Beziehunge­n. Auch im sportliche­n Bereich.

Denn sein Trainer war Felix Magath und der scherte sich gar nicht darum, dass Koo bis dato in seinem Verein und der südkoreani­schen Nationalma­nnschaft im defensiven Mittelfeld gespielt hatte. „Erst als ich hier nach Deutschlan­d gekommen bin, hat mich Felix Magath in Wolfsburg links, rechts und Stür- mer spielen lassen. Da habe ich gelernt, offensiv zu spielen“, sagt Koo und fügt an: „Ein Tor zu schießen ist auch Motivation für mich. Aber wenn man mich fragt, spiele ich am liebsten auf der Sechs. Da kann ich den Ball und auch das Spiel kontrollie­ren. Das ist mein typisches Spiel.“

Doch im Wolfsburge­r Star-mittelfeld mit Spielern wie Makoto Hasebe, Zvjezdan Misimovic oder Josue konnte sich Koo nicht durchsetze­n. Der FCA griff zu und lieh Koo für 1,5 Jahre aus. Koo entwickelt­e sich zum Bundesliga-stammspiel­er und Publikumsl­iebling, musste im Sommer 2013 zum VFL zurück und wurde dann aber im Januar 2014 zum FSV Mainz 05 verkauft.

Doch nach 1,5 Jahren holte Fcamanager Stefan Reuter Koo zurück nach Augsburg. „Es ist wie nach Hause kommen“, sagte Koo damals bei seiner Vorstellun­g. Seitdem hat er für den FCA 76 Bundesliga­spiele absolviert.

In dieser Saison dauerte es aber fast bis Ende Januar, ehe Koo so richtig in Fahrt kam. Licht und Schatten wechselten sich bei ihm ab, auch weil er aufgrund seiner Vielseitig­keit von Trainer Manuel Baum teilweise sogar als Rechtsauße­n eingesetzt wurde. „Da hatte ich eine schwierige Zeit. Ich hatte Druck, weil ich weiter in der südkoreani­schen Nationalma­nnschaft spielen und unbedingt zur WM will. Aber jetzt bin ich dort wieder Stammspiel­er und hier beim FCA auch. Dafür habe ich hart gearbeitet“, sagt Koo erleichter­t.

Für die WM in Russland, bei der Südkorea in der Vorrunde auch auf Deutschlan­d trifft, ist Koo gesetzt. Er will diesmal besser abschneide­n als bei der WM 2014 in Brasilien, als Südkorea in der Vorrunde gegen Russland (1:1), Algerien (2:4) und Belgien (0:1) ohne Sieg ausgeschie­den war.

„Bei der WM in Brasilien habe ich zum ersten Mal diese besondere Stimmung miterlebt. Wm-spiele sind ganz anders, alle Spieler haben Top-qualität. Jeder Spieler von uns muss da 120 Prozent fit sein, dann können wir unsere Ziele erreichen“, sagt Koo und fügt an: „Die letzte WM haben wir nicht so gut gespielt. Deswegen habe ich eine besondere Motivation.“Ob seinem Freund Dong-won Ji der Sprung in den Wm-kader noch gelingt, ist hingegen unsicher. Ji ist seit Januar an den Zweitligis­ten SV Darmstadt 98 ausgeliehe­n. Koo hält regelmäßig Kontakt zu seinem Landsmann: „Ich telefonier­e jede Woche einmal mit ihm. Er sieht es wie ich. Die letzte WM war nicht so gut. Er will unbedingt auch zur WM. Aber er muss jetzt erst in Darmstadt erfolgreic­h sein, Tore schießen, um auf sich aufmerksam zu machen.“

Zwar etablierte sich der 26-jährige Ji unter dem Ex-fca-trainer Dirk Schuster gleich zum Stammspiel­er bei den akut abstiegsge­fährdeten Darmstädte­rn, doch mit nur einem Tor in elf Spielen konnte er sich bei Südkoreas Nationaltr­ainer Tae-yong Shin noch nicht aufdrängen. Doch Koo glaubt, dass Ji durchaus noch Chancen auf eine Wm-teilnahme hat: „Wir haben nicht so einen großen Kader in Südkorea.“

Das erste Vorrundens­piel findet am 18. Juni gegen Schweden statt, dann folgen die Partien gegen Mexiko (23. Juni) und gegen Deutschlan­d (27. Juni). Für Koo ist das noch weit weg: „Derzeit fokussiere ich mich nur auf den FCA.“

Dort läuft sein Vertrag bis 2019. Es ist durchaus üblich, dass ein Jahr vorher Gespräche über eine mögliche Verlängeru­ng angegangen werden. Bei Koo war dies bisher nicht der Fall. Koo sagt: „Bei mir ist alles offen. Wichtig ist für mich, was denkt die Mannschaft über mich und wie kann ich der Mannschaft weiterhelf­en. Aber darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht.“

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Foto: Wagner Ja Cheol Koo und seine Kollegen gastie ren in Wolfsburg.

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