Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein neuer Akt in der Friedberge­r Theaterpos­se

Kultur Das Stück „Qual der Wahl“wird ausgebrems­t. Nun stellt der Regisseur ein Video ins Internet

- VON UTE KROGULL Foto: Screenshot Youtube

Friedberg Mit dem Theater um das Theaterstü­ck „Die Qual der Wahl“machte Friedberg bundesweit Schlagzeil­en. Nach Berichten unserer Zeitung griffen unter anderem

und das Thema auf. Weil die Satire die örtliche Stadtpolit­ik und vor allem Bürgermeis­ter Roland Eichmann aufs Korn nehmen wollte, wurde sie ausgebrems­t. Eichmann wollte das Stück vor der Aufführung lesen und drohte mit Konsequenz­en. Die Volkshochs­chule, an der die Stadt beteiligt ist, zog sich schließlic­h als Veranstalt­er zurück. Somit hatte sich der Aufführung­sort in einer Schulmensa erledigt. Doch das Drama geht weiter – vorerst im Internet.

Der Hobby-autor und -Regisseur Tobias Hilgers hat ein Video auf die Online-plattform Youtube gestellt, das als Wahlwerbes­pot für den im Stück veräppelte­n Robert Reichmann firmiert. Der verteidigt in dem fünfeinhal­b Minuten langen Streifen vehement die Freiheit der Kunst – und landet dafür hinter Gittern. Hilgers erklärt im Gespräch mit unserer Zeitung, er habe sich mit der Absage nicht einfach abspeisen lassen wollen, sondern wolle sich für die Freiheit der Kunst einsetzen. „Ich kann Herrn Eichmanns Argumente nicht nachvollzi­ehen. Er sagt ja selber, er habe nichts dagegen, wenn man ihn aufs Korn nimmt.“

Im Video kämpft daher Robert Reichmann für „die liebe Kunst und ihre Freiheit“, tönt unter anderem: „Sie hält uns den so wichtigen Spiegel vor ... Ich will sagen, dass Kunst unbedingt frei sein muss...“Reichmanns Fazit: „Wählen Sie die Freiheit der Kunst. Wählen Sie mich.“Denn: „Veränderun­gen bringen nur Probleme.“Für diese Forderunge­n werden ihm vor laufender Kamera Handschell­en angelegt, sein Mund wird mit Klebeband verschloss­en. Er landet im Knast und ein anderer setzt sich an seiner statt vor die Kamera. Der Bürgermeis­ter, verkündet der Neue, sei unpässlich. Er befinde sich auf einem Feng-shuiworksh­op.

Zum Hintergrun­d: Der Auftrag für ein Feng-shui-gutachten für das Friedberge­r Schloss war es, der Eichmann vor einigen Jahren erstmals bundesweit in die Medien katapultie­rt hatte. Die damalige Berichters­tattung hat offenbar tiefe Wunden hinterlass­en – und sollte auch Thema in der Satire „Die Qual der Wahl“sein.

Hilgers, der in Friedberg geboren ist, schaut bei der Stadtpolit­ik genau hin. Auch Eichmanns Stil mit schickem Anzug und Vorliebe für zahlreiche Selfie-fotos für Facebook und Instagram kopiert er. „Der Bürgermeis­ter ist sehr modisch, wie man auf Facebook sehen kann. Da muss man sich anpassen“, meint der 28 Jahre alte Regisseur.

Er freue sich über das Medienecho und die vielen positiven Reaktionen – ebenso wie das Video sei das Werbung für sein Stück. Denn Hilgers hat nicht aufgegeben und einen anderen Veranstalt­ungsort gesucht. In Friedberg, das mit einem Mangel an Räumen für kulturelle Nutzung zu kämpfen hat, wurde er nicht fündig. Wohl aber auf der anderen Seite des Lechs, im Jugendzent­rum Matrix in Königsbrun­n. Dort soll „Die Qual der Wahl“nun im Oktober gezeigt werden. Überarbeit­et allerdings. „Den Eklat um die Verhinderu­ng des Theaterstü­cks schreibe ich rein“, kündigt Hilgers an. Auch Bürgermeis­ter Eichmann sei als Zuschauer willkommen. „Ich hoffe nur, er verklagt mich nicht.“

»Kommentar

Termine Freitag bis Sonntag, 19. bis 21. Oktober, Freitag/samstag 19 Uhr, Sonntag 18 Uhr, Jugendfrei­zeitstätte Ma trix, Alter Postweg 2, Königsbrun­n. Karten können unter Wahl@diematrix.org reserviert werden. Eintritt: 8 Euro (Reser vierung), 9 Euro (Abendkasse).

»

Ein Video sehen Sie unter www.augsburger allgemeine.de

 ??  ?? Zum Theaterstü­ck „Die Qual der Wahl“um Bürgermeis­ter Robert Reichmann gibt es jetzt ein Video.
Zum Theaterstü­ck „Die Qual der Wahl“um Bürgermeis­ter Robert Reichmann gibt es jetzt ein Video.

Newspapers in German

Newspapers from Germany