Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Welche Folgen hat das Grundsteue­r Urteil?

Finanzen Das Bundesverf­assungsger­icht fordert eine Neuregelun­g der Erhebung. In Großstädte­n mit steigenden Bodenpreis­en wie Augsburg könnte das höhere Abgaben bedeuten. Allerdings sind noch sehr viele Fragen offen

- VON STEFAN KROG

Die Eigentümer der etwa 110 000 Grundstück­e, Häuser und Wohnungen, für die in Augsburg Grundsteue­r verlangt wird, müssen sich in den kommenden Jahren auf Änderungen gefasst machen. Wie berichtet hat das Bundesverf­assungsger­icht am Dienstag verkündet, dass die bisher bundesweit übliche Erhebungsa­rt gegen das Grundgeset­z verstößt.

Im vergangene­n Jahr nahm die Stadt rund 54,5 Millionen Euro aus der Grundsteue­r ein. Sie zählt zu den wichtigste­n Einnahmequ­ellen für den städtische­n Haushalt. Zahlen muss sie (im Gegensatz zur einmalig zu zahlenden Grunderwer­bssteuer) jeder Grundstück­seigentüme­r jährlich. Der Betrag kann von Eigentümer­n auf die Mieter umgelegt werden. Beispiel: Für eine 40-Quadratmet­er-wohnung liegt der Betrag in Augsburg aktuell bei gut 90 Euro, beim Einfamilie­nhaus sind je nach Größe von Grund und Wohnfläche sowie Lage und Baujahr Beträge von etwa 600 Euro jährlich realistisc­h. Die Stadt kündigte bereits an, dass sie angesichts der anstehende­n Änderungen ihre Grundsteue­r-einnahmen sichern müsse. Gleichwohl wolle man im Zusammenha­ng mit der Reform nicht mehr Geld einnehmen, so Finanzbürg­ermeisteri­n Eva Weber (CSU). Die chronisch klamme Stadt hatte den Hebesatz für die Grundsteue­r im Jahr 2016 spürbar angehoben, um ihre Einnahmen zu steigern. Für die einzelnen Grundstück­sbesitzer könne es, abhängig von der bundesweit­en Neuregelun­g zur Erhebung, aber zu Änderungen kommen, so Weber. Solange nicht klar ist, nach welchem Modus künftig die Grundsteue­r berechnet wird, sind Aussagen zu den Auswirkung­en schwierig. „In jedem Fall muss aber eine Kostenexpl­osion beim Wohnraum verhindert werden“, sagt Thomas Weiand, Vorsitzend­er des Mietervere­ins. Dies gelte speziell für Großstädte. Weiand fordert sogar, dass im Zuge einer Neuregelun­g die Möglichkei­t, die Steuer auf Mieter umzulegen, gestrichen wird. Der Eigentümer­verband Haus und Grund sieht das naturgemäß anders. Er fordert eine möglichst unkomplizi­erte Neuregelun­g. Auch Ge- schäftsfüh­rerin Gabriele Seidenspin­ner sagt, dass eine massive Erhöhung in jedem Fall verhindert werden müsse. Dies gelte besonders für Großstädte.

Denn gerade hier könnte das Gerichtsur­teil in der Tat zu einer weiteren Steuerbela­stung führen. Das hängt damit zusammen, wie sich die Grundsteue­r errechnet. Das Finanzamt hat für jede der 110 000 grundsteue­rpflichtig­en Einheiten in Augsburg eine fiktive Wertermitt­lung in der Schublade liegen, die in den alten Bundesländ­ern auf Werten von 1964 fußt. Diese veraltete Wertermitt­lung, die es für jedes Grundstück gibt, ist die Berechnung­sbasis.

Das Gericht bemängelt unter anderem, dass die Verwendung von Werten aus dem Jahr 1964 unberücksi­chtigt lässt, dass es in vielen Boom-städten zu teils deutlichen Wertsteige­rungen gekommen ist, während sich auf dem flachen Land wenig tat. Augsburg zählt sicher auch zu den Städten mit starkem Zuzug und entspreche­nder Preisentwi­cklung – im bundesweit­en Vergleich haben die Immobilien­preise in den vergangene­n fünf Jahren mit am stärksten angezogen, auch wenn die absoluten Werte noch weit unter den Preisen etwa in München liegen. Die Baulandpre­ise sind von 2015 auf 2017 um rund 25 Prozent gestiegen (wir berichtete­n). Das legt nahe, dass die Augsburger Grundstück­e bei der Steuererhe­bung künftig höher bewertet werden.

Allerdings hat die Stadt die Möglichkei­t, gegenzuste­uern. Denn jede Kommune legt für sich einen sogenannte­n Hebesatz fest, also einen Faktor, mit dem der fiktive Grundstück­swert multiplizi­ert wird. Am Ende steht der Steuerbetr­ag. Sollten Grundstück­e in Augsburg grundsätzl­ich höher bewertet werden, müsste die Stadt ihren Hebesatz senken, um eine Steuerexpl­osion zu vermeiden. Augsburg belegt seit der Erhöhung vor zwei Jahren mit einem Hebesatz von 555 Prozent in Bayern einen Spitzenpla­tz. Ein Bürgerbege­hren dagegen verlief im Sande. Unmittelba­re Folgen durch das Gerichtsur­teil gibt es in Augsburg zunächst nicht, da das bisherige Verfahren bis 2024 weitergenu­tzt werden kann. „Mittelbar sind wir natürlich betroffen, da eine neue Bewertungs­grundlage auch zu Verwerfung­en bei den Grundsteue­reinnahmen führen wird“, so Weber.

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Foto: Ruth Plössel/archiv Jeder Hausbesitz­er muss Grundsteue­r bezahlen. In den nächsten Jahren wird sich hier etwas ändern.

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