Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zwischen Andrang und Leere

Wirtschaft Die Augsburger Frühjahrsa­usstellung hat ihre treuen Fans, die nach wie vor gerne kommen. Doch unter der Woche ist der Besuch teils wenig berauschen­d. Das spüren die Händler und sagen es auch

- VON ANDREA WENZEL

Die Augsburger Frühjahrsa­usstellung, kurz afa, ist in Augsburg eine Institutio­n. Seit 70 Jahren bietet sie ihren Gästen einen bunten Angebotsmi­x und hat sich entgegen manch anderer Verbrauche­rmesse in Deutschlan­d am Markt behauptet. Dennoch hat die afa beim Konsumente­n keinen leichten Stand. Das Internet und viele andere Möglichkei­ten, sich über Produkte zu informiere­n oder sie zu kaufen, sind groß. Die Messe ist nicht mehr erste Anlaufstel­le, wenn man einen Stabmixer oder Gemüsehobe­l sucht. Das schlägt sich auch in den Besucherza­hlen nieder. Waren es Anfang der 90er-jahre noch rund 130000 Menschen, die den Weg auf das Messegelän­de fanden, bewegt man sich heute rund um die 90 000-Marke. In diesem Jahr, so der Stand vor einem oft gut besuchten Abschlussw­ochenende, liegt man etwa 4500 Besucher unter dem Wert aus dem Vorjahr, wo 87400 Gäste registrier­t worden sind. Die afa hat aber auch ihre treuen Fans, die gerne kommen und sich an den Angeboten freuen. Bevorzugt kommen die Besucher stets an den beiden afa-wochenende­n. Hier ist der Andrang groß. Unter der Woche mag dies teils ganz anders aussehen. Es herrscht mitunter eine Leere in den Hallen.

Es ist Donnerstag, gegen 10 Uhr: Annegret Maderholz sitzt in Halle 4 an ihrem Stand und liest in Ruhe Zeitung. „Es ist kaum etwas los. Irgendwie muss ich mir die Zeit vertreiben“, sagt sie. Maderholz und ihr Mann betreiben in Neusäß ein Geschäft für Massivholz­möbel. Seit fünf Jahren stellt das Paar auf der afa aus: „So wenig Besucher wie heuer kamen allerdings noch nie.“Man sehe die Messe weniger als Umsatzbrin­ger, sondern vielmehr als zweites Schaufenst­er in Ergänzung zum Geschäft in Neusäß.

Ganz anders ist die Lage dagegen für André Klier. Er steht mit seinem Stand für Fensterwis­cher in einer Ecke der Halle 3 und will Geld verdienen. Doch nach eigenen Angaben bekommt er in seinem „toten Eck“kaum einen Kunden zu Gesicht. Er habe bislang 70 Prozent Einbußen im Vergleich zu den Messen in den Vorjahren. Seit zwölf Jahren ist er bei der afa vertreten. Nie habe es Probleme gegeben. Den Grund für das diesjährig­e „Desaster“, wie er sagt, sieht er nicht nur im Rückgang an Messebesuc­hern, sondern hauptsächl­ich in der Konzeption. Weil die Halle 2 in diesem Jahr wegen ihres Neubaus (es steht nur noch eine Hülle) nicht genutzt werden kann, mussten die Aussteller neu angeordnet und Laufwege neu konzipiert werden. Viele Händler, die bisher in Halle 5 waren, sind nun in der 3 und umgekehrt. Vom Gewohnten musste abgerückt werden. Nicht jeder hat aus seiner Sicht eine attraktive Lage bekommen. Auch Tullio Tintoretti ist verärgert. 40 Prozent weniger Umsatz als in den Vorjahren habe er an seinem Stand für Lederwaren bislang gemacht. Wenige Meter weiter den Gang hinunter klagt auch Torsten Behrendt. Er bietet einen aus dem TV bekannten Gemüse- und Obst-schneider sowie Keramikpfa­nnen an. 7000 Euro bezahle er für den Messeauftt­ritt, dazu kämen noch Hotelkoste­n. „Wir brauchen Laufkundsc­haft, um Umsatz zu machen. Aber hier kommt kaum jemand vorbei. Ab 14.30 Uhr ist unter der Woche nahezu komplett tote Hose.“

Für den Messeveran­stalter Afag bedauerlic­h, aber nur schwer zu ändern. „Es sind bisher etwa 4500 Menschen weniger zu Besuch gewesen als im vergangene­n Jahr“, gibt Afag-sprecher Winfried Forster ehrlich zu. Das gute Wetter sowie verschiede­ne parallel laufende Veranstalt­ungen könnten Gründe seien.

Insgesamt sei man mit der Bilanz von bislang 49000 Gästen aber zufrieden und setze auf das traditione­ll gut besuchte Abschlussw­ochenende. Das wäre auch das Feedback der meisten Aussteller. Dass manche Händler unzufriede­n mit ihrem Standplatz sind, kann er nur bedingt nachvollzi­ehen. „Wir haben im Vorfeld ausführlic­h über die neue Hallenbele­gung informiert und Wahlmöglic­hketen geboten“, so Forster. Afag-geschäftsf­ührer Thilo Könicke ergänzt: „Das Publikum zum Kauf zu animieren, ist nicht unsere Aufgabe. Das muss der Aussteller schaffen.“Das weiß auch

Uwe Lehmann von Pfannen Woll: „Manche Produkte bei der afa sind vielleicht fehl am Platz und man muss den Leuten an seinem Stand auch etwas bieten“. Er selbst macht kleine Koch-shows und ist mit dem Umsatz bislang zufrieden. Das gilt auch für Walter Frick, der in Halle 4 Polstermöb­el ausstellt und sich über mangelnden Kundenbesu­ch nicht beschweren mag. Diesen Eindruck teilen auch die Aussteller in Halle 1 und auf dem Freigeländ­e. Zwar bemerken auch sie einen Besucherrü­ckgang und Schwankung­en bei den Umsätzen, sehen das aber als Merkmal des Messewesen­s an.

 ?? Foto: Stephanie Lorenz ?? Wo etwas geboten wird, bleiben die afa Besucher gerne stehen. Besonders an den Wochenende­n sind die Messehalle­n gut besucht. Der Angebotsmi­x der afa kommt an. Egal ob Küchengerä­t, Möbel oder Accessoire­s: Für jeden ist etwas dabei.
Foto: Stephanie Lorenz Wo etwas geboten wird, bleiben die afa Besucher gerne stehen. Besonders an den Wochenende­n sind die Messehalle­n gut besucht. Der Angebotsmi­x der afa kommt an. Egal ob Küchengerä­t, Möbel oder Accessoire­s: Für jeden ist etwas dabei.
 ?? Foto: Stephanie Lorenz ?? Donnerstag 10 Uhr in Halle 4 des Messezentr­ums. Die Gänge sind leer. Unter der Wo che ist der Besucherzu­spruch bei der afa deutlich geringer.
Foto: Stephanie Lorenz Donnerstag 10 Uhr in Halle 4 des Messezentr­ums. Die Gänge sind leer. Unter der Wo che ist der Besucherzu­spruch bei der afa deutlich geringer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany