Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Zwischen Andrang und Leere
Wirtschaft Die Augsburger Frühjahrsausstellung hat ihre treuen Fans, die nach wie vor gerne kommen. Doch unter der Woche ist der Besuch teils wenig berauschend. Das spüren die Händler und sagen es auch
Die Augsburger Frühjahrsausstellung, kurz afa, ist in Augsburg eine Institution. Seit 70 Jahren bietet sie ihren Gästen einen bunten Angebotsmix und hat sich entgegen manch anderer Verbrauchermesse in Deutschland am Markt behauptet. Dennoch hat die afa beim Konsumenten keinen leichten Stand. Das Internet und viele andere Möglichkeiten, sich über Produkte zu informieren oder sie zu kaufen, sind groß. Die Messe ist nicht mehr erste Anlaufstelle, wenn man einen Stabmixer oder Gemüsehobel sucht. Das schlägt sich auch in den Besucherzahlen nieder. Waren es Anfang der 90er-jahre noch rund 130000 Menschen, die den Weg auf das Messegelände fanden, bewegt man sich heute rund um die 90 000-Marke. In diesem Jahr, so der Stand vor einem oft gut besuchten Abschlusswochenende, liegt man etwa 4500 Besucher unter dem Wert aus dem Vorjahr, wo 87400 Gäste registriert worden sind. Die afa hat aber auch ihre treuen Fans, die gerne kommen und sich an den Angeboten freuen. Bevorzugt kommen die Besucher stets an den beiden afa-wochenenden. Hier ist der Andrang groß. Unter der Woche mag dies teils ganz anders aussehen. Es herrscht mitunter eine Leere in den Hallen.
Es ist Donnerstag, gegen 10 Uhr: Annegret Maderholz sitzt in Halle 4 an ihrem Stand und liest in Ruhe Zeitung. „Es ist kaum etwas los. Irgendwie muss ich mir die Zeit vertreiben“, sagt sie. Maderholz und ihr Mann betreiben in Neusäß ein Geschäft für Massivholzmöbel. Seit fünf Jahren stellt das Paar auf der afa aus: „So wenig Besucher wie heuer kamen allerdings noch nie.“Man sehe die Messe weniger als Umsatzbringer, sondern vielmehr als zweites Schaufenster in Ergänzung zum Geschäft in Neusäß.
Ganz anders ist die Lage dagegen für André Klier. Er steht mit seinem Stand für Fensterwischer in einer Ecke der Halle 3 und will Geld verdienen. Doch nach eigenen Angaben bekommt er in seinem „toten Eck“kaum einen Kunden zu Gesicht. Er habe bislang 70 Prozent Einbußen im Vergleich zu den Messen in den Vorjahren. Seit zwölf Jahren ist er bei der afa vertreten. Nie habe es Probleme gegeben. Den Grund für das diesjährige „Desaster“, wie er sagt, sieht er nicht nur im Rückgang an Messebesuchern, sondern hauptsächlich in der Konzeption. Weil die Halle 2 in diesem Jahr wegen ihres Neubaus (es steht nur noch eine Hülle) nicht genutzt werden kann, mussten die Aussteller neu angeordnet und Laufwege neu konzipiert werden. Viele Händler, die bisher in Halle 5 waren, sind nun in der 3 und umgekehrt. Vom Gewohnten musste abgerückt werden. Nicht jeder hat aus seiner Sicht eine attraktive Lage bekommen. Auch Tullio Tintoretti ist verärgert. 40 Prozent weniger Umsatz als in den Vorjahren habe er an seinem Stand für Lederwaren bislang gemacht. Wenige Meter weiter den Gang hinunter klagt auch Torsten Behrendt. Er bietet einen aus dem TV bekannten Gemüse- und Obst-schneider sowie Keramikpfannen an. 7000 Euro bezahle er für den Messeaufttritt, dazu kämen noch Hotelkosten. „Wir brauchen Laufkundschaft, um Umsatz zu machen. Aber hier kommt kaum jemand vorbei. Ab 14.30 Uhr ist unter der Woche nahezu komplett tote Hose.“
Für den Messeveranstalter Afag bedauerlich, aber nur schwer zu ändern. „Es sind bisher etwa 4500 Menschen weniger zu Besuch gewesen als im vergangenen Jahr“, gibt Afag-sprecher Winfried Forster ehrlich zu. Das gute Wetter sowie verschiedene parallel laufende Veranstaltungen könnten Gründe seien.
Insgesamt sei man mit der Bilanz von bislang 49000 Gästen aber zufrieden und setze auf das traditionell gut besuchte Abschlusswochenende. Das wäre auch das Feedback der meisten Aussteller. Dass manche Händler unzufrieden mit ihrem Standplatz sind, kann er nur bedingt nachvollziehen. „Wir haben im Vorfeld ausführlich über die neue Hallenbelegung informiert und Wahlmöglichketen geboten“, so Forster. Afag-geschäftsführer Thilo Könicke ergänzt: „Das Publikum zum Kauf zu animieren, ist nicht unsere Aufgabe. Das muss der Aussteller schaffen.“Das weiß auch
Uwe Lehmann von Pfannen Woll: „Manche Produkte bei der afa sind vielleicht fehl am Platz und man muss den Leuten an seinem Stand auch etwas bieten“. Er selbst macht kleine Koch-shows und ist mit dem Umsatz bislang zufrieden. Das gilt auch für Walter Frick, der in Halle 4 Polstermöbel ausstellt und sich über mangelnden Kundenbesuch nicht beschweren mag. Diesen Eindruck teilen auch die Aussteller in Halle 1 und auf dem Freigelände. Zwar bemerken auch sie einen Besucherrückgang und Schwankungen bei den Umsätzen, sehen das aber als Merkmal des Messewesens an.