Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das Ende des Schreckens

100 Jahre Freistaat Eines der größten Konzentrat­ionslager stand in Dachau. Erinnerung­en an den Tag der Befreiung

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Dachau Manchmal braucht es ein wenig Poesie, um die Tragweite von Ereignisse­n auf den Punkt zu bringen. „Aus großer Dunkelheit kam der Sonnensche­in“, sagte also Nick Hope, als er vor einiger Zeit über den Tag sprach, an dem die schrecklic­hsten Jahre seines Lebens und eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte endlich ein Ende hatten. Es war der 29. April 1945.

Hope, 20 Jahre zuvor in der Ukraine als Nikolaj Choprenko geboren, war damals einer von zigtausend­en Menschen, die vom Leben nichts mehr erwarten konnten. Sie waren Häftlinge im ersten und am längsten betriebene­n Konzentrat­ionslager des Ns-regimes im oberbayeri­schen Dachau. Von 1933 an sperrten die Nazis dort mehr als 200 000 Juden, Sinti und Roma, Homosexuel­le, Emigranten oder politische Gegner ein, folterten sie, knechteten sie, brachten sie kaltblütig um. Rund 41500 Insassen überlebten ihren Aufenthalt in dem Konzentrat­ionslager nordwestli­ch von München nicht.

Das Dachauer KZ war eine Art Pilotproje­kt. Wenige Wochen nach der Machtergre­ifung durch Adolf Hitler wurde das Lager am 22. März 1933 errichtet und so zum Modell für die vielen später entstanden­en Konzentrat­ionslager der Nationalso­zialisten. Als Ausbildung­sstätte für die Nazi-schergen wurde Dachau, wie Historiker sagen, zur „Mörderschu­le der SS“. Mit seinen 140 über ganz Süddeutsch­land verteilten Außenlager­n war das KZ Dachau zudem der größte und am weitesten verzweigte Lagerkompl­ex des Nsregimes. Auch in unserer Region gab es viele dieser Außenstell­en – von Kempten über Günzburg, Kaufering und Augsburg bis nach Ingolstadt.

Am 29. April 1945, wenige Tage vor dem Kriegsende, setzten schließlic­h die einmarschi­erten amerikanis­chen Truppen dem grausamen Treiben in und rund um Dachau ein Ende. Historisch­e Fotos zeigen, wie die Soldaten von jubelnden Insassen empfangen wurden. „Oh, das war so wunderbar. Das war das Schönste, was ich je erlebt habe“, erinnerte sich Nick Hope. Er wog bei seiner Befreiung 40 Kilogramm, heuerte nach einer Jahre dauernden Genesung bei der Usarmy in München an, heiratete dort seine Frau Nadya und wanderte mit dieser 1961 nach Amerika aus. Dort lebt er heute noch.

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Archivfoto: dpa Jubelnde Insassen des Konzentrat­ionslagers Dachau nach ihrer Befreiung durch ame rikanische Soldaten.
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