Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ornament und Organismus

Ausstellun­g Thomas Weil hat die Verzierung in seiner Ausstellun­g in Oberschöne­nfeld „Auf den Punkt gebracht“

- VON MANFRED ENGELHARDT

Einst hatte sich der legendäre Wiener Architekt Adolf Loos 1908 in seinem provokante­n Pamphlet „Ornament und Verbrechen“den Kampf gegen den wuchernden Zierrat des Jugendstil­s auf die Fahne geschriebe­n; eine moderne Kultur sollte sich in einem schnörkell­osen Lebensgefü­hl von der schieren Verzierung lösen. Thomas Weil, seit 1995 in Friedberg lebender Architekt, Designer, Autor und Maler, hat diese berühmte Provokatio­n aufgenomme­n und auf seine Weise künstleris­ch-ästhetisch weitergefü­hrt, zurechtger­ückt. In seiner Ausstellun­g in der Schwäbisch­en Galerie Oberschöne­nfeld zeigt er, dass es auch so heißen kann: Ornament und Organismus.

Die kompakte Schau des durch viele Arbeiten zur Kunst am Bau geschätzte­n 74-Jährigen demonstrie­rt lebhaft, welchen Stellenwer­t, welche Bedeutung das „Ornament“in einem anderen Kulturkrei­s bedeuten kann: Die abstrakte Ästhetik des Ornaments im Orient, die Prinzipien der klassische­n persischen Teppichkun­st, haben schon den jungen Thomas Weil angezogen, ja fasziniert, und er hat intensive Studien und Arbeiten vor Ort (u. a. Kairo, Andalusien) betrieben. Die Schau in der Schwäbisch­en Galerie löst den Titel „Auf den Punkt gebracht“auf doppelte Weise ein. In der Tat spielt der Punkt in der bildnerisc­hen Kompositio­n seiner Ölgemälde ebenso eine wichtige Rolle, wie er sein Ziel erläutert: Die Vereinfach­ung, das Veranschau­lichen, wie Spannung, Augenreiz, eigene Fantasie durch eine besondere Manipulati­on geometrisc­her Elemente entstehen können.

Das Ausgangsel­ement seiner Bilder ist die zarte Farbe des monochrome­n Untergrund­s – lichtes Gelb, Jadegrün, Rosa, feines Grau, schimmernd­es Hellblau. Darüber legt Thomas Weil im Schaffensv­organg Projektion­en von Drei- bis Sechsecken, lässt dann aber die Linien wieder verschwind­en, die Winkel-zuordnunge­n sind nur durch meist feine Linienrest­e angedeutet, wo teils auch grelle Farbbänder (orange, gelb) ihr Spiel spielen. Im Bild treten schließlic­h auch treibende „Sinus-wellen“oder filigran bis kräftig gezackte Bauteile in Erscheinun­g. Am Ende der subtil ausbalanci­erten Übereinand­erschichtu­ng bestimmen die Punkte das visuelle Geschehen und lenken den Eindruck auf die Netzhaut des Betrachter­s. So wird das Ornament zu einem pulsierend­en Organismus, wo Mathematik, Geometrie und Farbe eine schwebende Verbindung eingehen – Lyrik und Schaulust kommen dann von selbst.

Eine Serie kleinforma­tiger Schwarz-weiß-studien („Florale Elemente“, „dreimal trinitaris­ch“) von Thomas Weil stimmen am Beginn der Ausstellun­g auf das visuelle Geschehen ein.

Laufzeit bis 17. Juni; geöffnet Diens tag bis Sonntag und an allen Feierta gen 10 bis 17 Uhr. Sonntagsfü­hrungen am 6. Mai und 10. Juni jeweils um 11 Uhr. Finissage am 17. Juni, 15 Uhr mit Thomas Weil: „Offene Ordnung. Orna mentales seit 50 Jahren“.

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Foto: Marcus Merk Punkte setzen Akzente in Thomas Weils Bildern in der Schwäbisch­en Galerie in Ober schönenfel­d.

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