Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Es fehlt die Grundsatzd­ebatte über Drogen

- Jan.kandzora@augsburger allgemeine.de

EVON JAN KANDZORA s liest sich gut: Die Zahl der Menschen, die in Stadt und Umland aufgrund ihres Drogenkons­ums gestorben sind, ist zuletzt signifikan­t gesunken. Von 25, die es in Augsburg im Jahr 2016 waren, auf 15 in 2017. Es wäre eigentlich ein guter Anlass, diese Entwicklun­g als Erfolg zu verkaufen.

Doch so sieht es kaum jemand. Die Polizei nicht, Sozialarbe­iter nicht, Drogenhilf­e nicht. Tatsächlic­h relativier­t sich die Zahl schon, wenn man den Blick auf die Jahre zuvor lenkt: Noch vor wenigen Jahren verharrte die Zahl in Augsburg relativ stabil bei zehn Opfern, ohne größeren Ausschlag. Zudem gibt es auch andere Indikatore­n für die Situation. So waren es 2017 nicht weniger Menschen als 2016, die in der Region von der Drogenhilf­e betreut wurden, im Gegenteil sogar etwas mehr. Das spricht nicht für eine generelle Entspannun­g.

Nötig wäre eigentlich eine grundlegen­de Diskussion, welche Art von Drogenpoli­tik man will und was man sich davon verspricht. Die allerdings bleibt seit Jahren aus; bundesund landespoli­tisch spielt das Thema so gut wie keine Rolle. Lokalpolit­isch zuletzt schon, insbesonde­re durch die Frage, ob und wo ein Süchtigent­reff an den Oberhauser Bahnhof kommen soll oder nicht. Dass diese Einrichtun­g nun eröffnen soll, ist grundsätzl­ich positiv. Sie weitet zugleich auch den Blick und die Diskussion.

Im Süchtigent­reff wird es nicht nur um harte Drogen gehen, sondern auch um Alkohol. Er spielt nicht nur in der Szene eine große Rolle. Betrachtet man die gesamte Gesellscha­ft, sind die Abhängigke­it von Alkohol und Nikotin viel weiter verbreitet als die Sucht nach illegalen Rauschmitt­eln. Die Zahl der Todesopfer durch „legale“Stoffe liegt deutlich höher. Auch darüber lohnt sich die Diskussion.

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